Power to the Ports!

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Wieviel Strom kann oder darf eigentlich ein Portausgang des TPS-Controllers verkraften? Bei einigen Versuchen habe ich LEDs ohne Vorwiderstände direkt angeschlossen und mich dabei auf den Innenwiderstand der internen Port-FETs verlassen. In anderen Fällen habe ich einfach mal einen kleinen DC-Motor direkt an die Ports angeschlossen. Mit Erfolg! Aber ich muss gestehen, das habe ich nur deshalb riskiert, weil ich noch ein paar dieser Controller in der Schublade habe, ansonsten neige ich auch eher zur Vorsicht. Aber jetzt habe ich das Datenblatt des Controllers mal genauer durchforstet und ein paar Messungen gemacht.

Im Datenblatt des HT46F47 findet man folgendes:

Absolute Maximum Ratings
Supply Voltage ...........................VSS_0.3V to VSS+6.0V
Input Voltage..............................VSS_0.3V to VDD+0.3V
IOL Total ..............................................................150mA
IOH Total............................................................-100mA
Total Power Dissipation .....................................500mW

Das lese ich so: Alle Ports zusammen dürfen 100 mA liefern oder 150 mA nach GND ziehen. Über einen einzelnen Port steht da nichts, was man so interpretieren kann, dass er darf, was er kann, solange 100 mA bzw. 150 mA nicht überschritten werden. Außerdem lese ich daraus, dass die unteren FETs mehr vertragen als die oberen.  An anderer Stelle im Datenblatt steht noch wie groß der jeweilige Spannungsabfall bei 10 mA ist. Aber da geht es nicht um Grenzwerte sondern um saubere TTL-Signale.

Also eigene Messungen! Und zwar ganz mutig mit Lastwiderständen zwischen 1 kΩ und 10 Ω, also praktisch bis zum Kurzschlussbetrieb. Im Interesse der Wissenschaft habe ich alles riskiert, aber es ist nichts passiert.


Hier die Messungen bei hochgeschaltetem Port

Ub        R             Ur           I
4 V       1 k           3,8 V    -3,8 mA
4 V       100 Ω      2,6 V    -26 mA
4 V       10 Ω        0,4 V    -40 mA
4,5 V    1 k          4,3 V    -4,3 mA
4,5 V    100 Ω     3,5 V    -35 mA
4,5 V    10 Ω       0,5 V    -50 mA
5 V       1 k          4,8 V    -4,8 mA
5 V       100 Ω     3,4 V    -34 mA
5 V       10 Ω       0,6 V    -60 mA

Messungen bei heruntergeschaltetem Port, Spannungen gegen GND, Lastwiderstand gegen VCC:

4,5 V    1 k         0,1 V    4,4 mA
4,5 V    100 Ω    0,6 V    39 mA
4,5 V    10 Ω      3,7 V    80 mA
5 V       1 k         4,8 V    4,9 mA
5 V       100 Ω    0,7 V    43 mA
5 V       10 Ω      4,0 V    100 mA

Das Ergebnis zusammengefasst: Ein Port des TPS-Controllers schafft einen Kurzschlussstrom bis 60 mA bzw. bis 100 mA gegen Vcc. Der Controller wird dabei schon etwas warm. Mit zwei Ports zusammen könnte man bereits den erlaubten Gesamtstrom von 100 mA bzw. 150 mA überschreiten.

Interessant sind auch Brückenanwendungen, bei denen der Verbraucher zwischen zwei Ports liegt. Auch für diesen Fall wurde der Kurzschlussstrom mit einem viel zu kleinen Widerstand von 10 Ω gemessen, diesmal in einem größeren Bereich von Spannungen.

3 V       10 Ω    0,21 V    21 mA
4 V       10 Ω    0,37 V    37 mA
4,5 V    10 Ω    0,40 V    40 mA
5 V       10 Ω    0,53 V    53 mA
6 V       10 Ω    0,69 V    69 mA

Wie man sieht, schafft der CMOS-Controller viel mehr als man ihm gemeinhin zutraut. Alle diese Messungen wurden mit ohmschen Widerständen gemessen. Beim direkten Anschluss eines Motors oder eines Relais kommt noch ein zweites Problem hinzu, das der induktiven Spannungsimpulse beim Abschalten. Obwohl ich bei einem kleinen DC-Motor keine Probleme festgestellt habe, ist nicht auszuschließen, dass es bei bestimmten induktiven Verbrauchern zu einer Beschädigung des Controllers kommen kann.

Und hier die Empfehlung für vorsichtige Leute: Vermeiden Sie Ströme über 20 mA an den Verbrauchern, dann können auch alle fünf Ausgänge zusammen den erlaubten Strom nicht überschreiten. Oder reduzieren Sie die Betriebsspannung auf 3 V, dann bringen die Ports sowieso nicht mehr zu viel Strom.

Heißt das alles, dass ein Holtek-Controller besonders kräftige Ausgänge hat? Mitnichten! Ein Vergleich mit einem ATmega8 zeigt folgendes: Laut Datenblatt soll der Strom an einem einzelnen Port 40 mA nicht überschreiten, der Gesamtstrom soll nicht über 200 mA gehen. Das ist schon mal mehr als beim Holtek zugelassen. Und deshalb habe ich auch hier wieder einen Test bis zum Kurzschlussbetrieb durchgeführt. Hier die Messungen bei hochgeschaltetem Port und mit Vcc= 5 V.

Ub      R          Ur           I
5 V    1 k         4,8 V    -4,8 mA
5 V    100 Ω    3,9 V    -39 mA
5 V    10 Ω      0,8 V    -80 mA

Die Messung zeigt, ein Port darf zwar nur 40 mA liefern, er schafft aber bis zu 80 mA. Der Mega8 ist also noch etwas kräftiger als der Holtek-Controller. Der Richtwert für vorsichtige Leute: Nicht mehr als 40 mA!


Ein Hinweis von Paul Korn:

Um einen größeren  Ausgangsstrom zu ermöglichen könnte man die Schaltung vom Emitterfolger-Leistungstreiber auch am TPS-Controller anwenden.
Labortagebuch 10/12: Emitterfolger-Leistungstreiber


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