4.6 Langsame Entladung

von Andreas Thaler

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Beschreibung der Schaltung

Die vorige Schaltung [4.5] hatte eine Anfangsphase, bei der sich die LED-Helligkeit nicht änderte. Aber in dieser Zeit hat der Kondensator besonders viel Ladung verloren. Wenn die Leuchtzeit insgesamt länger sein soll, muss man den Entladestrom am Anfang verringern. Das geschieht hier durch einen Emitterwiderstand. Bei eingeschalteter LED hebt der Spannungsabfall die Emitterspannung an, und damit auch die Basisspannung. Am Basiswiderstand liegt eine kleinere Spannung, und damit verringert sich auch der Entladestrom. Die Zeit mit relativ hoher Helligkeit verdoppelt sich ungefähr auf etwa 6 Sekunden.

Durch diese Form der Emitter-Gegenkopplung bekommt die Schaltung einen höheren Eingangswiderstand. Man kann den Eingangswiderstand an der Basis mit Emitterwiderstand * Stromverstärkungsfaktor berechnen und kommt dann auf rund 500 kOhm. Dazu muss man den Basiswiderstand von 330 kOhm addieren. Der Entladewiderstand ist also wesentlich größer geworden, und deshalb wird die Entladung langsamer.

 

Simulation im Schaltungssimulator EveryCircuit

 

Spannungsverläufe an den Bauteilen gegen Masse

Die Grafik zeigt links die Original-Schaltung mit Emitterwiderstand (R4) und rechts ohne R4 (= „Variante“).



Die Kurven im oberen Teil des virtuellen Oszilloskops beziehen sich auf die Original-Schaltung und zeigen den jeweiligen Spannungsverlauf am Kondensator C1, an der Basis von Transistor T1, am Widerstand R4 sowie an der Kollektor-Emitter-Strecke T1.

Die Abschnitte 1 und 2 zeigen die beiden Stellungen von Schalter S1 (geschlossen/offen) und ihre Auswirkungen auf den Spannungsverlauf an den Bauteilen.

Original-Schaltung links - Schalter S1 geschlossen (1)

1.      Der Kondensator C1 lädt über den Widerstand R1 und bildet mit R2 einen Stromteiler. Die Spannung des Kondensators nimmt mit der Ladezeit exponentiell zu, der Ladestrom nimmt im gleichen Verhältnis ab. Sobald C1 vollständig geladen ist - und damit keinen Ladestrom mehr durchlässt - bleibt seine Spannung konstant, solange an ihm die Ladespannung anliegt.

2.      Durch den Ladevorgang beim Kondensator, der das gemeinsame Potential mit R2 bestimmt, steigt auch die Basis-Spannung UB (in Bezug auf Masse) exponentiell an. Damit leuchtet die LED gedimmt auf. Die Basis-Emitter-Strecke bildet gemeinsam mit R1, R2 und R4 eine Reihenschaltung, die - entsprechend den jeweiligen Spannungsabfällen an den Bauteilen der Reihe - die Basisspannung auf 2,97 V festlegt.

3.      Der Spannungsverlauf an R4 entspricht dem an R2, wobei an R4 maximal 2,23 V abfallen. Die Basis-Emitter-Spannung UBE beträgt 0,74 V.

4.      Mit dem Ansteigen der Basis-Emitter-Spannung schaltet der Transistor durch. Die Kollektor-Emitterspannung fällt damit von 9 V auf 0,139 mV. Durch die LED1 mit ihrem Vorwiderstand R3 fließt der maximale Kollektorstrom.

Schalter S1 geöffnet (2)

1.      Da an C1 keine Ladespannung mehr anliegt, entlädt der Kondensator über die Reihenschaltung R2, Basis-Emitter-Strecke T1 und R4 in Form einer langgestreckten, exponentiell verlaufenden Spannungskurve.

2.      Sobald in der Reihenschaltung die Basis-Emitter-Spannung nicht mehr ausreicht, um den Transistor voll durchzuschalten, beginnt der Transistor zu sperren. Die Spannung an der Kollektor-Emitter-Strecke UCE steigt, der Spannungsabfall an R2 und R4 sinkt.

3.      Der Kollektorstrom nimmt ab, LED1 wird gedimmt und verlöscht.

 

Schaltung ohne Emitterwiderstand rechts (Variante): Schalter S1 geschlossen (1) und geöffnet (2)

 

 

Da in der Variante der Emitterwiderstand R4 fehlt, fällt an R2 in Reihe mit der Basis-Emitter-Strecke T1 eine höhere Teilspannung ab. Das bedeutet eine geringere Basisspannung als in der Originalschaltung (0,75 Volt max. zu 2,97 Volt max.). Ohne R4 hat jedoch der Basisstrom einen geringeren Widerstand zu überwinden. Als Konsequenz entlädt der Kondensator C1 in der Variante rascher als in der Originalschaltung. Die LED leuchtet kürzer.

 

 

 

 

 

 

 

Basisstrom in der Originalschaltung und in der Variante

 


Mit Emitterwiderstand R4 beträgt der von Kondensator C1 abgegebene Basisstrom maximal 16,9 uA.

 


Ohne Emitterwiderstand sind es maximal 23,1 uA.


Das bedeutet, dass der Kondensator ohne Emitterwiderstand R4 rascher entlädt und LED1 entsprechend früher gedimmt verlischt.

 

Maximaler Kollektorstrom durch LED1

 


In der Originalschaltung beträgt der Kollektorstrom durch LED1 2,21 mA.

 


In der Variante (ohne Emitterwiderstand) beträgt der Kollektorstrom 3,2 mA. Die LED leuchtet durch den höheren Kollektorstrom etwas heller.

Der Emitterwiderstand R4 verringert den Kollektorstrom durch seinen zusätzlichen Widerstand in der Höhe von 1 kOhm.

 

 

Fazit

 

Mit Emitterwiderstand R4 leuchtet die LED länger als ohne R4. Der Emitterwiderstand bildet für den Basisstrom einen zusätzlichen Widerstand, der Kondensator benötigt damit für seine Entladung länger.

Die Emitter-Gegenkopplung (s. Beschreibung der Schaltung) wird auch zur Stabilisierung des Transistor-Kollektorstroms IC bei Veränderungen der Umgebungstemperatur eingesetzt.

Da Transistoren bei höherer Temperatur „aktiver“ werden und den Kollektorstrom verstärken, fließt auch mehr Emitter-Strom durch den nachgeschalteten Emitterwiderstand. Dadurch fällt an ihm mehr Spannung ab, was sich wiederum auf die Teilspannungen des vorgeschalteten Basiswiderstands und der Basis-Emitter-Strecke (Reihenschaltung) auswirkt. Die Basis-Emitter-Spannung UBE sinkt und damit fließt weniger Basisstrom, was wiederum die Kollektor-Emitter-Spannung UCE erhöht – der Widerstand der Kollektor-Emitter-Strecke erhöht sich, der Transistor lässt weniger Kollektorstrom durch.

Zur Übersicht alle Potentiale und Teilspannungen der beiden besprochenen Schaltungen:

 

Original-Schaltung: Schalter geschlossen


 

 

Variante: Schalter geschlossen



 

 

 

Kombischaltung: synchronisierte Originalschaltung und Variante

 

Beide Schaltungen werden von einer Spannungsquelle gespeist und über einen zentralen Schalter ein- und ausgeschaltet. Damit lassen sich Spannungsabfälle an Bauteilen und Ströme direkt – ohne Zeitverzögerung durch getrenntes Ein- und Ausschalten – vergleichen.


Hinweis von Burkhard Kainka:

Die Kombischaltung ist hilfreich, weil sie den direkten Vergleich zeigt. Es gibt allerdings noch eine gegenseitige Beeinflussung: Weil der rechte Kondensator sich langsamer entlädt, hat er mehr Spannung als der linke und muss über die beiden 27-Kiloohm-Widerstände etwas Ladung an den linken abgeben. Das kann durch zwei Dioden verhindert werden, die vom Schalter jeweils zu den Schaltungen führen.

 


Potentiale und Ströme bei geschlossenem Schalter

 


Vergleich Basisströme nach Ein- und Ausschalten

 


Vergleich Basisspannungen und Kollektor-Emitter-Spannungen nach Ein- und Ausschalten

 


Vergleich Kondensatorspannungen und Kollektor-Emitter-Spannungen nach Ein-