UKW-Empfänger „Burkhard“      

von Günther Zöppel                   
Elektronik-Labor  Lernpakete  Projekte  HF    

Zur musikalischen Nebenbei-Berieselung bei Außenarbeiten an Haus und Grundstück war ein neues Radio fällig. Warum? Das bisher dafür genutzte Gerät, ein Röhren-AM-Empfänger aus frühesten DDR-Zeiten, gab nur noch das Schweigen der Mittelwelle von sich, nachdem der alte Ortssender Wilsdruff auf 1044 kHz schon vor einiger Zeit abgeschaltet wurde. Also musste ein UKW-Empfänger her, denn der FM-Bereich – so hoffe ich zumindest -  wird uns noch eine Weile erhalten bleiben. Anlässlich eines Bastelwettbewerbes seitens des Elektroniklabors wurde mir ein Preis zugedacht, ein Heimradio-Set mit dem IC Si4735, welcher als Grundlage für meinen Neuaufbau dienen sollte. Ein Kauf eines kommerziellen Produktes schied für mich aus, da zum einen die Bastlerehre dadurch gekränkt werden würde, und zweitens wollte ich mich schon immer mal mit diesem modernen DSP-Chip beschäftigen.


Taufe

Einen nicht unwesentlichen Punkt aller von mir realisierten Projekte stellt die Namensfindung dar, damit das Ding unverwechselbar wird, und so taufte ich nach Abschluss der Aufbauarbeiten das Gerät auf den Namen „Burkhard“ ( Bassverstärkte UKW- Radio Konstruktion, Hauptaugenmerk Auf RDS / DSP ). Aufmerksame Leser werden die Namensgleichheit mit dem Redakteur des Elektroniklabors bemerken – das ist beabsichtigt und soll auch meinen Dank für seine unermüdliche Arbeit in Bezug auf Anregungen zur Ideenfindung ausdrücken. Schade, dass er so weit weg wohnt, sonst hätte man ja eine Flasche Taufwasser gemeinsam geniessen können ;-)

Der mechanische Aufbau

Das Gerät wurde in ein Sperrholzgehäuse mit den Außenmaßen 28cm Breite x 14cm Höhe x 15cm Tiefe eingebaut. Mittels Holzbeize wurde etwas nostalgisches Radiofeeling erreicht. Front- und Rückseite wurden mittels Aufklebern (mit Abacom FrontDesigner erstellt) funktional gestaltet. Um die Stereolautsprecher und das Display wurden aus Sperrholz ausgesägte Rahmen aufgeklebt, die mit Silberspray lackiert sind. Die Taster für die Bedienung sind RAFI-Produkte (bei Reichelt erhältlich) – siehe dazu Bild xxx. Sie wurden auf Universalplatinen montiert und hinter der Frontplatte angeschraubt, wo sie von vorn durch einen im Taster einrastbaren Stößel bedient werden können, welcher durch ein entsprechend gebohrtes Loch in der Frontplatte ragt. Durch die Einrastung sollen sie angeblich unverlierbar sein, aber das kann ich so nicht bestätigen, sie lassen sich sehr leicht wieder abziehen. Mittels Aufklebern wurde die Funktion des jeweiligen Stößels spezifiziert.

 

Taster und Stößel von RAFI


Universalplatine mit Taster (verdeckt)

 
Lautstark sollte das Gerät werden, damit bei Nebengeräuschen im Außenbereich nicht sofort der Höreindruck verloren geht, also entschied ich mich für eine reine netzbetriebene Lösung ohne Batterien. Der Strom dafür kommt eh vom Solardach, und die Eigennutzung wird mir sogar staatlicherseits noch vergütet…In der Bastelkiste liegt sowieso noch ein Bestand von Radioteilen vor, der abgebaut werden muss, also wird das Gerät relativ preiswert entstehen können.

Im folgenden werde ich also mal meine Lösung beschreiben. Der grundsätzliche Aufbau geht aus dem Übersichts-Blockschaltbild hervor. Nichts spektakuläres, außer vielleicht der Subwooferverstärker, der für den nötigen Schalldruck und ein gewisses Bassfundament sorgt.

 


Der Subwoofer


Software

Im Web kursieren derzeit bereits einige Lösungen mit dem Si4735, also habe ich mich daran orientiert und mit freundlicher Genehmigung von Herrn Stefan Lehnert seinen Vorschlag etwas modifiziert nachgebaut. 

www.stefan-lehnert.de/wortpresse/dsp-basierter-ukw-tuner-mit-si4735/

Von da bezog ich auch das Hex-File zur Programmierung des ATmega8. Herr Lehnert bat darum, dass sich evtl. weitere Interessenten über seinen Blog mittels oben angegebener Adresse vertrauensvoll an ihn wenden sollen.




Display unter verschiedenen Empfangssituationen (Sendername, DSP scrollend, Empfangsfrequenz, SN (Signal-Noise-Ratio), Empfindlichkeit in  dBµV, Balkendarstellung für Lautstärke, Vorverstärkung HF, Anzeige Verkehrsfunk, Stereoanzeige, Uhrzeit
 (Näheres siehe Beschreibung von Stefan Lehnert)

Im Gegensatz zu Stefans Lösung habe ich die Programmierung des ATmega außerhalb erledigt und den bereits fertig programmierten Chip in die Platine eingesetzt, weil mir die Gefahr des Zerschießens des Si4735 wegen zu hoher Spannungen während der Programmierung an den I²C-Bus-Eingängen als vermeidbar erschien. Deshalb sind auf meiner Platine auch keine Jumper zum Umstecken während des Programmierens zu finden. Ein ISP-Anschluß erübrigt sich daher auf der Platine auch. Eine gerade vorhandene Dipol-Teleskopantenne, die mal zu einem tragbaren Fernseher gehörte, wurde für gut befunden, um den Si4735 mit einem ausreichenden Eingangssignal zu versorgen. Die Betriebsspannung wurde nicht per Festspannungsregler erzeugt, weil ich grade keinen da hatte, sondern ein LM317 auf 3,3V angepasst. Alle weiteren technischen Einzelheiten zum Empfangsteil gehen aus dem Schaltbild hervor und sind dazu auch über die obige Adresse abrufbar, speziell die Funktionen der Firmware und die Bedeutung der Displayanzeigen. Sehr gut funktioniert auch die RDS-Darstellung, die bei gesendetem Signal scrollend durch das Display wandert. Auch die sonstigen dort dargestellten Informationen (Empfangsfeldstärke, Signal-Rausch-Abstand, Verstärkung des internen HF-Vorverstärkers) bestätigen die sehr gute Empfangsqualität des ICs.


Das Netzteil

Basiselement ist der Netztrafo, der aus einem alten Satellitenreceiver stammt und mit 10 bzw. 20 V Wechselspannung gerade für die nötigen Spannungen passend war, welche alle mittels Spannungsreglern aus der 78er-Serie stabilisiert wurden. Die Lade- und Siebkondensatoren wurden ausreichend groß bemessen, mittels Oszilloskop waren nur Brummspannungen im einstelligen mV-Bereich nachweisbar. Ökonomisch arbeitet solch ein Netzteil natürlich nicht, denn die über den Reglern vernichtete Spannung wird in Umweltwärme verwandelt. Dafür ist aber gegenüber einer getakteten Lösung mit sehr viel weniger Störungen zu rechnen, d.h. Oberwellen von Schaltnetzteilfrequenzen müssen hier nicht mittels aufwendiger Schaltungsmaßnahmen unterdrückt werden. Die nötigen Ströme gibt der Trafo problemlos ab, und die Regler werden alle unterhalb ihrer Belastbarkeit betrieben, sodass Kühlkörper unnötig sind. Aufgebaut wurde die Schaltung auf einer passend zurechtgeschnittenen Universalplatine, weil sich für ein Einzelexemplar eine geätzte Platine nicht lohnt. Außerdem  begehe ich mit dem unökonomischen Netzteil ja schon sowieso eine Umweltsünde, da soll die Schweinerei mit den Ätzchemikalien nicht auch noch dazukommen ;-)

 



Universalplatine Netzteil

Rückwand mit Netzteil

Der Stereoverstärker

 

Die Schaltung weist keine Besonderheiten auf, der LM386 ist ja hinlänglich bekannt. Die Verstärkung ist für den vom Si4735 angebotenen NF-Pegel ausreichend, sodass auf die Verwendung eines Cs zwischen 1 und 8 des ICs verzichtet wurde. Sicherlich spielt der Wirkungsgrad der eingesetzten Lautsprecher eine entscheidende Rolle, man kann hier also noch experimentieren. Der Stereoeindruck ist, ausreichende Signalstärke vorausgesetzt (damit die Firmware auf Stereo umschaltet), hervorragend. Allerdings fehlten mir noch paar tiefe Frequenzen im Gesamtklang, daher habe ich dem Radio noch einen weiteren Verstärker gegönnt.

 

Der Subwooferverstärker

 

Im Schaltbild ist zu sehen, dass die beiden Stereokanäle zu einem Summensignal addiert, dann über einen Tiefpass gefiltert und anschließend verstärkt werden. Aus der Hörphysiologie ist bekannt, dass tiefe Frequenzen schlechter ortbar sind als höhere, daher wurde nur ein Basskanal vorgesehen. Der Wooferlautsprecher befindet sich am Boden des Gerätes und strahlt nach unten ab, so bildet sich unter dem Radio aufgrund der angebrachten Gehäusefüße ein Luftspalt und damit ein Resonanzraum für die Tiefen, was sich in einer gut akzentuierten Basswiedergabe äußert.

Für die Realisierung des Wooferverstärkers wurde ein gerade vorhandener TDA1521 verwendet, der aus einem Autoradio stammt und bis zu 2x12W Sprechleistung abgeben kann. Von diesem wurde aus oben erläuterten Gründen nur ein Kanal benutzt.

Je nach Wunsch kann man mit der Trennfrequenz des Filters ein wenig experimentieren, um einen ausgewogenen Klang zu erzielen. Dazu muss C3 im Schaltbild entsprechend angepasst werden – bei mir erwies sich letztlich 1 µF als optimal. Man könnte auch anstelle dieses einfachen passiven Tiefpasses ein aktives Filter 2.Ordnung einfügen und die Trennfrequenz mittels Poti regelbar gestalten – für ein Radio nur zum gelegentlichen Gebrauch aber sicher etwas überspitzt.


Subwooferverstärker mit Kühlblech, vorn Frontlautsprecher


„Wooferwummi“

Fazit

Das Gerät ist seit geraumer Zeit in Betrieb und tut seinen Dienst hervorragend. Durch den Klang kommt fast Röhrenradiofeeling auf, und der Suchlauf findet Sender, die auf anderen Geräten meiner Sammlung im Rauschen untergehen. Sehr schön kann man beobachten, wie sich die Anzeige der Empfangsfeldstärke im Display ändert, wenn man die Antenne dreht – damit kann man stets optimal empfangen – Prinzip S-Meter. Offenbar ist die DSP-Schaltungstechnik mit digitaler Signalverarbeitung dem traditionellen Superhet-Aufbau überlegen. Das Stereoklangbild ist trotz des kleinen Frontlautsprecherabstandes sehr gut ausgeprägt.

Sogar meine Enkelin – 10 Jahre alt – fragte : Opa, was haste denn da für eine Boombox gebaut ? Na, ein schöneres Lob kann man ja wohl nicht erhalten…



Bessere Antennenanpassung beim UKW-Empfänger „Burkhard“



Antennenstecker mit Balun

Beim Experimentieren mit dem fertiggestellten Empfänger wollte ich probieren, ob sich durch bessere Antennenanpassung nicht noch ein paar dBµV an Empfindlichkeit herausholen lassen. Dazu konsultierte ich erstmal das Datenblatt des Si4735. Eine Eingangsimpedanz von 3 bis 5 kΩ (hier angenommener Mittelwert 4 kΩ) und eine Eingangskapazität von 4 – 6 pF (angenommen 5 pF) konnten daraus für den FM-Eingang ermittelt  werden. Mit den beiden antiparallel liegenden Schutzdioden BAT41, die je eine gemessene Sperrschichtkapazität von 5 pF haben (siehe Bild1), ergibt sich eine Gesamtkapazität von 5 + 5 +5 =15 pF.



Messung Sperrschichtkapazität BAT41 mit selbstgebautem Bauteiltester

Mit diesem Wert und einer Mittenfrequenz von 98 MHz für den UKW-Bereich errechnet man mittels Thomsonscher Schwingkreisformel eine nötige Spuleninduktivität von 0,176 µH. Im Resonanzfall liegt dieser Schwingkreis jetzt an der Eingangs-Impedanz von ca. 4 kΩ. Für optimale Leistungsübertragung muss die Antenne (Impedanz 75 Ω) an diesen Schwingkreis angepasst werden. Da die Eingangsspule als Luftspule und gut zugänglich ausgeführt ist , liegt es nahe, diese gleich anzuzapfen und die Antenne unsymmetrisch nach dem Prinzip des Spartransformators einzuspeisen (siehe Schaltplan). Die Impedanztransformation berechnet sich (aus den Grundlagen der Trafoberechnung bekannt) zu



also eingesetzt:



d.h. ich muss die Antenne bei 13,7 % der Spulenwindungszahl anschließen, um Leistungsanpassung zu erzielen.







Die dementsprechend handgewickelte Spule wurde in das Gerät mit kürzestmöglichem Abstand zu den IC-Anschlüssen eingebaut und getestet. Wie man aus den beigefügten Bildern 5 und 6 sieht, ist die Empfindlichkeit von 20 dBµV (vor Umbau) auf 32dBµV (nach Umbau) um 12 dBµV gewachsen, auch an der jetzt auf astreines Stereo umgeschalteten  Anzeige erkennbar – das M für Mono ist einer Balkenanzeige gewichen, die den Grad der Signalstärke zwischen 30 dBµV (Einschaltschwelle für Stereo) und 40 dBµV (Obergrenze der Firmware für Stereodetektion) signalisiert.



Dieses Prinzip der Antennenanpassung ist für alle Si4735-ähnlichen IC´s anwendbar, z.B. den BK1068, wenn man die Impedanz der verwendeten Antenne und die entsprechenden Werte aus dem Datenblatt kennt. Durch Ändern der ausgezogenen Länge der Dipol-Teleskopstäbe ist sogar noch senderfrequenzspezifisch eine Feinanpassung möglich, an der Anzeige gut sichtbar.

Günther Zöppel
Pockau, November 2015


Elektronik-Labor  Lernpakete  Projekte  HF