Theremin-Entwicklung
Vor einiger Zeit habe ich schon
einmal ein Theremin gebaut. Es war noch nicht ganz perfekt, zeigte aber schon
das Prinzip. Zwei HF-Oszillatoren und ein Mischer erzeugen einen Schwebungston.
Die Tonhöhe wird durch Annähern mit der Hand verstellt. Die sonst in der
HF-Technik nicht so gern gesehene Handkapazität verstimmt einen der beiden
Oszillatoren. Die Schaltung wurde mit zwei Röhren ECF80 auf dem RT100
aufgebaut.
Jetzt hat Roger Leifert sich für Modul-Bus ein verbessertes Theremin gewünscht.
Es soll wieder mit Röhren aufgebaut werden und in Aussehen und Funktion dem
originalen Theremin möglichst ähnlich werden. Man soll es spielen können
wie ein originales Theremin, und vor allem der Klang soll dem Original
entsprechen.
Wir haben überlegt, dass es am besten ist, die ganze Entwicklung Schritt für
Schritt als offenes Projekt durchzuführen. Um einzelne Stufen zu entwickeln und
zu optimieren, möchte ich in zunächst JFETs verwenden, weil das einfacher ist
und Triodenschaltungen sehr ähnlich ist. Wenn alles optimal läuft, wird
zunächst ein FET-Theremin entstehen. Dann soll alles Stufe für Stufe in Röhren
umgesetzt werden, wobei keine gefährlich hohen Spannungen eingesetzt werden
sollen.
Der erste experimentelle Entwurf des
Theremins hatte zwar schon einen recht guten Klang, aber es fehlte die
Lautstärkeantenne. Beim Original hat man links eine Bügelantenne. Wenn man die
Hand annähert wird der Ton leiser und verschwindet sogar völlig.
Mein erster Gedanke war: Da nimmt man einfach einen Schwingkreis hoher Güte, der
mit im Signalweg einer der beiden Oszillatoren liegt. Wird der Kreis kapazitiv
verstimmt, nimmt die Amplitude ab. Ein Vorversuch mit HF-Generator und
Oszilloskop zeigte aber, dass die Amplitudenänderung zu gering ausfällt.
Außerdem kann man Probleme mit der Stabilität erwarten. Eine Änderung der
Lautstärke könnte zugleich die Frequenz ändern. Ich kenne das Problem noch gut
vom Senderbau im Amateurfunk. Ein CW-Sender hatte einen frei schwingenden VFO.
Es war extrem schwierig, Rückwirkungen von der Sendeendstufe zu verhindern.
Alles musste sorgfältig abgeschirmt und entkoppelt werden. Und man brauchte
Zwischenstufen, ähnlich dem Buffer in der Theremin-Schaltung.
Ein Blick in die alten Theremin-Schaltungen zweigte dann einen ganz anderen Weg.
Dort gab es einen dritten Oszillator, der ähnlich wie ein Dipmeter verwendet
wurde. Das Grid-Dip-Meter wird verwendet um Resonanzfrequenzen zu messen. Ein
Resonanzkreis in der Nähe der Oszillatorspule entzieht dem Oszillatorkreis
Energie, sodass die Schwingungsamplitude geringer wird. Das sieht man dann an
dem veränderten Gitterstrom. An der Resonanzstelle entsteht ein Dip, d.h. ein
besonders kleiner Gitterstrom.
Im
Theremin wird die negative Gitterspannung des Oszillators verwendet, um
die Verstärkung einer Regelröhre im NF-Zweig zu steuern. Damit umgeht
man zugleich die Stabilitätsprobleme, denn die Dip-Frequenz und die NF
liegen weit entfernt von den Überlagerungsoszillatoren. Bei einer
Röhrenschaltung mit hoher Anodenspannung könnte der frei schwingende
Oszillator eine Amplitude von mehr als 10 V erreichen. An einem
hochohmigen Gitter-Ableitwiderstand von ca. 1 MOhm könnte man eine
Gitterspannung von etwa -10 V erwarten. Wird ein zweiter Schwingreis
lose angekoppelt und genau in Resonanz gebracht, dürfte die Amplitude
und damit die negative Gitterspannung vielleicht bis auf 1 V absinken.
Das wäre der Grundzustand für volle Lautstärke. Wenn dann jemand den
passiven Resonanzkreis verstimmt oder dämpft, wird die negative
Gitterspannung wieder stark ansteigen. Mit -10 V lässt sich eine
NF-Röhre völlig sperren.
Der
erste Versuch mit einem FET-Dipmeter wurde mit relativ großen
Induktivitäten durchgeführt. Tatsächlich erreicht die Schaltung eine
große Oszillatoramplitude und eine Ausgangsspannung von -4 V. Der
Resonanzdip ist vorhanden, allerdings zu schwach. Insgesamt ändert sich
die Spannung nur um 0,5 V. Außerdem ist ein Mitzieh-Effekt zu
beobachten, der auch beim normalen Dipmeter auftritt. Die Amplitude
ändert sich dann plötzlich an einer der Flanken des Dips. Die
Handkapazität wirkt sich messbar aus, aber der Effekt ist noch zu
klein. Es wird wohl nötig sein, mit höherer Frequenz, veränderter
Kopplung und verschiedenen Dämpfungen zu experimentieren. Mit einem
Widerstand von 330 k zwischen beiden Kreisen sollten Kopplung und
Dämpfung erhöht werden, allerdings ohne großen Erfolg.
Tesla-Kopplung
Ein
Blick in alte Theremin-Schaltpläne zeigt eine Art Verlängerungsspule in
der Antennenzuleitung. Bei genauer Betrachtung funktioniert das wie bei
einem Tesla-Transformator. Die "Verlängerungsspulen" haben eine
Eigenresonanz auf der Arbeitsfrequenz und besitzen ein extrem großes
L/C-Verhältnis. Außerdem besteht eine starke Kopplung zum Oszillator.
Diesmal wird der Oszillator auf die Teslaspule abgestimmt, deren
Resonanzfrequenz sich auch bei kleinsten Kapazitätsänderungen stark
verändert.
Im Resonanzfall hat man an der Antenne eine
mehrfach überhöhte HF-Spannung. Der Sekundärkreis saugt dabei viel
Energie aus dem Oszillator, sodass dessen Amplitude stark einsinkt. Der
Gitterspannungs-Dip reicht bis ca. -0,5 V. Bei starker Verstimmung oder
Dämpfung bei direkter Berührung der Antenne fällt dieser Effekt weg,
und die Gate-Spannung fällt um bis zu 2 V. Die Resonanz ist gut
einstellbar, es gibt keinen Mitzieheffekt mehr, und die Regelspannung
ist ausreichend groß. So kann es funktionieren.
Vereinfachte Oszillator-Schaltung
Mit
dieser veränderten Oszillator-Schaltung wird eine angezapfte
Schwingkreis-Induktivität unnötig. Stattdessen arbeitet der Schwingkreis mit
einem kapazitiven Spannungsteiler. Man kann über das Verhältnis der
Teilkapazitäten die Impedanz auf der Gate- und Drain-Seite anpassen. Diesmal
arbeitet der Oszillator bei ca. 1 MHz. Hier liegt auch die Eigenresonanz der
beiden Verlängerungsspulen. wie bei den vorigen Versuchen steigt die Oszillator-Amplitude
an, wenn der obere Kreis verstimmt oder gedämpft wird. Die Gate-Spannung sinkt
dann bis auf -2 V.
Der Pitch-Oszillator
Der
Pitch-Oszillator wurde ebenfalls nach der vereinfachten Oszillatorschaltung
aufgebaut. Neu ist die "Verlängerungsspule" als Resonanzkreis.
Der Versuch sollte klären, ob man mit einer kleineren Induktivität
auskommt, wenn man die Verlängerung in den Resonanzbereich der Arbeitsfrequenz
bringt. Die Impedanz entspricht dann der einer sehr großen Induktivität. Damit
erreicht man eine große Empfindlichkeit gegenüber kleinsten
Kapazitätsänderungen an der Antenne.
Tatsächlich war der Versuch erfolgreich. Allerdings war die Frequenz von 950
kHz eher ungünstig, weil sie im Mittelwellenbereich liegt und weil bei einer
relativ hohen Frequenz die nötige Stabilität nur schwer zu erreichen ist.
Deshalb wurde eine tiefere Frequenz unter 500 kHz angestrebt, die auch im
ersten Röhren-Theremin verwendet wurde.
Für
die ersten Versuche wurde das Elektor SDR-Shield mit Standalone-VFO und
LCD verwendet. Das Shield wird hier als Direktmischer verwendet
und direkt mit einem aktiven Lautsprecher verbunden. Es ersetzt
damit den zweiten Oszillator und den Mischer im Theremin. Man kann die
Überlagerungsfrequenz bequem und präzise einstellen und braucht erstmal
nur den Pitch-Oszillator. In dieser Form hat man sogar bereits
ein erstes einfaches Theremin, allerdings noch ohne Volume
Control. Eine interessante Anwendung für das SDR-Shield.
Die
veränderte Schaltung arbeitet nun bei 420 kHz und wieder mit einer einfachen
Verlängerungsspule von 4,7 mH. Für diese Spule wurde eine Eigenresonanz bei 600
kHz gemessen. Insgesamt ist die Empfindlichkeit gegenüber der Handkapazität
sehr gut, sodass man einen angenehmen Spielbereich von ca. 30 cm hat. Die
Frequenzstabilität ist gut, und mit dem SDR-Shield ergibt sich bei schwacher
Kopplung ein angenehmer Klang.
Der Oszillator wurde auch im Hinblick auf die endgültige Umsetzung mit Röhren
konzipiert. Die Frequenz liegt nicht weit von 470 kHz, sodass der ursprüngliche
Oszillator mit einem Keramikresonator verwendet werden könnte. Durch den
Source-Widerstand von 1,5 k wird die Steilheit des FET verringert und kommt in
den Bereich eine Röhre bei geringer Anodenspannung. Denkbar ist also, dass der
Oszillator genauso mit einer Triode gebaut werden kann, wobei allerdings die
Kathode direkt an GND liegen müsste.