Ein Retroradio für Langwelle
von Klaus Leder
Nach
der Abschaltung der letzten deutschen Mittelwellensender Ende 2015 ist
der Langwellenbereich (Wellenlängen zwischen 1000 m und 10.000 m mit
entsprechenden Frequenzen zwischen 30 kHz und 300 kHz) wieder
interessant geworden. Im Gegensatz zur Mittelwelle kann man tagsüber
weit entfernte LW-Sender insbesondere aus Frankreich empfangen. Die
Langwelle hat gegenüber der Mittelwelle den Vorteil der großen
Reichweite, die mit ihrer Bodenwelle über 1000 km betragen kann. Bei
der Mittelwelle erreicht die Bodenwelle dagegen nur etwa 200 km.
Allerdings gibt es aufgrund des kleineren Frequenzbereichs des
Langwellenbandes zwischen 148,5 und 283,5 kHz mit 15 Kanälen nur
relativ wenige Sender.
Als Mittelwellen werden Radiowellen mit
Wellenlängen zwischen 100 m und 1000 m mit entsprechenden Frequenzen
zwischen 300 kHz und 3 MHz bezeichnet. Das Mittelwellenband des
Rundfunks liegt zwischen 526,5 und 1606,5 kHz und hat 121 Kanäle. Wenn
nach Sonnenuntergang die Raumwellenausbreitung hinzukommt, kann man auf
MW wesentlich mehr ausländische Sender empfangen als auf Langwelle.
Radiowellen höherer Frequenzen wie die Mittel- und Kurzwellen werden
nach Einbruch der Dunkelheit an Schichten der Ionosphäre reflektiert
und können so große Distanzen überbrücken.
Der Franzis-Verlag
und die Fa. Conrad haben mit den von B. Kainka entwickelten
Retroradio-Bausätzen für MW, KW und UKW dem zu Ende gehenden analogen
Rundfunkzeitalter kleine technische Denkmäler gesetzt. Ein Retroradio
für Langwelle, für die es in Frankreich und Großbritannien noch Sender
gibt, fehlt bislang.
H. Nieder hat in ELO-web einen Schaltplan für Langwellenempfang
mit dem Mittelwellen-Geradeausempfänger-IC TA7642 veröffentlicht.
Dieser Schaltplan wurde in leicht veränderter Form verwirklicht. Es
wurden keine Festinduktivitäten verwendet sondern es wurde die bei AK
Modul-Bus erhältliche LW-Spule (2,7 mH) auf einem Ferritstab in ein
Retroradiogehäuse eingebaut und lediglich ein Plattenpaket (265 pF) des
Drehkos angeschlossen.
Mit der Schwingkreisformel von Thomson
wird die Resonanzfrequenz f für die gegebene Kapazität C (265 pF) und
die gegebene Induktivität L (2,7 mH) berechnet um zu prüfen, ob sie im
Langwellenbereich liegt:
Der
Schwingkreis ermöglicht damit einen Empfang im Langwellenbereich. Die
meisten Bauteile und das Radiogehäuse können dem preisgünstigen
MW-Retroradio-Bausatz der Fa. Conrad entnommen werden. Zusätzlich
werden noch ein Mini-Steckbrett (z. B. AK Modul-Bus), zwei Widerstände
1 k und 10 k, ein Elko 10 µF sowie eine 3,5 mm Klinkenbuchse benötigt.
Das
LW-Radio wurde zunächst auf einem Mini-Steckbrett aufgebaut, um
Schaltungsvarianten zu erproben. Bei Schaltungen auf Steckboards setzen
manchmal Übergangswiderstände die Lautstärke herab. Mit kleinen Tropfen
eines Kontaktreinigers, die man mit Hilfe der Kanüle einer
Injektionsspritze auf die Kontakte gibt, kann man diesen Mangel
beheben. Später kann die Schaltung auf eine kleine Lochrasterplatine
gelötet werden. Eine im Zimmer aufgespannte Drahtantenne verbessert den
Empfang wesentlich. Eine Klinkenbuchse ermöglicht den Anschluss von
niederohmigen Kopfhörern oder eines Verstärkers, wie z. B. des
MP3-Verstärkers von Franzis.
Im
Rheinland kann man die französischsprachigen Sender RTL (234 kHz,
Luxemburg), Europe 1 (183 kHz, Deutschland) und France Inter (162 kHz,
Frankreich) sowie BBC Radio 4 (198 kHz, Großbritannien) empfangen. Mit
Hilfe des selbstgebauten LW-Retroradios kann man seine
Französisch-Kenntnisse auffrischen und erweitern. Vive la grande onde!
Vive la France!