Experimente mit selbstgebauten Geigerzählern

von Thomas Rapp
 aus ELO 2008
Elektronik-Labor  Labortagebuch  ELO  

Geigerzähler

Geigerzähler, Funkenzähler, Nebelkammern, Szintillationsdetektoren, Halbleiterdetektoren für Alpha-Strahlen, Spektroskopie, alles was zum Thema gehört, findet man hier. Für mich persönlich ist die Vollständigkeit, mit der das Thema hier behandelt wird, absolut faszinierend. Das Interesse hat schon in meiner Jugend begonnen, weil mein Vater mir von seinen Experimenten aus frühen Jahren erzählt hat. Er beobachtete damals die feinen Lichtblitze eines Szintillators unter dem Mikroskop. Später habe ich ihm verschiedene Geigerzähler gebaut und auch einen Szintillationsdetektor mit Fotomultiplyer. All diese Versuche sind in diesem Buch detailgetreu beschrieben. Und sehr viel mehr. Wenn ich schon früher von den Möglichkeiten eines Spitzenzählers erfahren hätte, hätte ich auch den ausprobiert, denn hier hat man einen extrem einfachen Aufbau bei normalem Luftdruck. Zu allen Versuchen liefert Rapp auch die erforderliche Schaltungstechnik, also die Hochspannungsquellen und die erforderlichen Messverstärker. Und auch die Theorie kommt nicht zu kurz. Nicht zuletzt zeigt das Buch jede Menge Strahlungsquellen, die uns alltäglich umgeben. Dieses Buch reizt zum Experimentieren! Und eines ist schon mal klar: Egal wie eng es in meinem Bücherregal wird, dieses Buch gebe ich nicht mehr her!

B.K.

3.4.2 Spitzenzähler

 
Auch der Spitzenzähler, von Hans Geiger entwickelt, ist im Gegensatz zur Ionisationskammer in der Lage einzelne Teilchen zu detektieren.

 


Prinzip des Spitzenzählers

Beim Spitzenzähler wird eine auf hoher Spannung liegende metallische Spitze isoliert in ein Metallrohr eingebaut. Durch den kleinen Krümmungsradius der Spitze ergeben schon mäßige Spannungen eine sehr hohe Feldstärke im Bereich vor der Spitze. Durch diese hohe Feldstärke werden einzelne Ionen stark beschleunigt und können weitere Gasteilchen ionisieren. Diese gebildeten Ionen erzeugen ihrerseits weitere Ionen, sodass durch diese Kettenreaktion eine Ionenkaskade gebildet und ein starker Strompuls ausgelöst wird. Während bei einer Ionisationskammer im günstigsten Fall 100 bis 1000 primäre Ionen gemessen werden können, reicht hier schon ein einzelnes Ion. Je nach angelegter Spannung und Polarität arbeitet der Spitzenzähler im Proportionalitäts- oder Auslösemodus.

Zum Aufbau eines Spitzenzählers verwendet man am Einfachsten ein Döschen aus Metall. Hervorragend sind jene Aludöschen geeignet in denen früher Kleinbildfilmpatronen verkauft wurden. Auch größere Tablettenröhrchen aus Aluminium eignen sich für unsere Zwecke. Nichtleitende Kunststoffdöschen müssen vor der Verwendung auf der Innenseite mit einem Überzug leitfähig gemacht werden. Das kann mit Sprays auf Graphit- oder Kupferbasis (z.B. Kontaktchemie, Graphit 33-, EMV 35- Spray) erfolgen. Der Verfasser verwendete Aludöschen für KB-Filme. In den Deckel der Dose wird ein Loch mit 10 mm Durchmesser gebohrt und in dieses Loch wird eine BNC-Buchse eingeschraubt. Bei einer Betriebsspannung des Zählers von 3 kV ist eine normale BNC Buchse mit einer Prüfspannung von 2,5 kV gerade noch ausreichend. Wer sicher gehen will sollte eine MHV Buchse (die Hochspannungsversion des BNC Steckers) verwenden, die für Spannungen bis 10 kV zugelassen ist. Die Spitze, eine dünne Nähnadel wird in den Mittelleiteranschluss der Buchse gelötet. Die Spitze der Nähnadel soll im eingeschraubten Zustand einen Abstand von 5 bis 10 mm vom Boden der Dose haben.

 

 

Spitzenzähler aus Aludöschen

 
Will man nicht nur Beta- sondern auch Alpha-Strahlung messen muss auch in den Boden ein Loch gebohrt werden, da Alphastrahlung das Alublech nicht durchdringen kann. Da es sehr schwierig, wenn nicht unmöglich ist, mit einem dicken Bohrer in dünnes Blech ein sauberes Loch zu bohren wird erst ein kleines Loch (ca. 3 mm) gebohrt und dieses mit einem Schälbohrer erweitert. Alternativ kann man die Löcher auch mit einem angeschärften Eisenrohr ausstanzen. Obwohl der Zähler mit Luft von Atmosphärendruck arbeitet ist es für einen stabilen Betrieb notwendig, das Loch im Boden mit einer dünnen, für Alphastrahlung durchlässigen, Folie wieder abzudecken. Der Spitzenzähler reagiert sehr stark auf Staubpartikel, die sich durch das hohe elektrische Feld an der Spitze anlagern und Anlass zu Fehlpulsen geben können. Geeignete Folien sind metallisierte Mylarfolien. Auch dünnste Glimmerplättchen sind für Alphastrahlen durchlässig. Auf Grund der Kristallstruktur von Glimmer kann er mit einiger Übung in hauchdünne Plättchen gespalten werden. Als Ausgangsmaterial verwendet man Glimmerscheiben wie sie zur Isolation von Leistungshalbleitern verwendet werden. Glimmerplättchen und andere, nicht leitende Folien müssen mittels Graphitspray mit einer dünnen leitenden Schicht versehen werden.


Je nach verwendeter Nadel bzw. der Schärfe ihrer Spitze setzt die Zählertätigkeit bei einer positiven Vorspannung von 2 bis 3 kV ein. Bei Zähler des Verfassers geschah das bei einer Spannung von 2,4 kV. Ab einer Vorspannung von 2,7 kV kann der Zähler instabil werden, was sich in Serien von Pulsen äußert die unabhängig von einer Strahlenquelle entstehen. Die Nadel ist das entscheidende Teil des Zählers. So ist es nicht verwunderlich, dass es in der Literatur zahlreiche Hinweise zur Präparation der Spitzen gibt. Leider widersprechen sich die Rezepte mancher Autoren, sodass man eigene Versuche anstellen muss. Oft wird geraten die Nadeln aus Stahl (Nähnadeln) mit einem Schleifstein weiter anzuschärfen und sie in einer Brennerflame kurz auf Rotglut zu erhitzen. Unpräparierte Näh- und Stecknadel funktioniertem bei Experimenten des Autors auf Anhieb zur Detektion von Alphastrahlung, wenn sie auf positivem Potential lagen. Der Nachweis von Betastrahlung gelang ebenfalls nur mit einer positiv geladenen Nadel. Mit negativen Nadeln konnte nie ein Zählbetrieb erreicht werden, sondern immer nur periodische, selbstätige Entladungen.

 

Die Kennlinie des Zählers

 

 Ausgangsimpulse des Spitzenzählers

 

Die Impulsamplituden sind für Alpha- und Betastrahlung sehr unterschiedlich. Während die Betastrahlung des Sr90 Strahlers Impulse mit einer Amplitude von etwa 4 mV erzielt sind es bei der Alphastrahlung des Am241 fast 40 mV. Durch einen Diskriminator am Eingang des Zählers kann somit zwischen verschiedenen Strahlenarten unterschieden werden.

Will man sich ausführlicher mit der Funktion des Spitzenzählers beschäftigen ist es sinnvoll ein etwas stabileres Design aufzubauen. Mit einem Messingrohr an das auf der einen Seite ein Flansch und an der anderen Seite ein Deckel angelötet wird erhält man einen gasdichten Zähler der mit verschiedenen Gasfüllungen betrieben werden kann. Die eingeschraubte BNC-Buchse ist mit einem O-Ring gedichtet, ebenso der Fensterdeckel mit dem aufgeklebten Glimmerfenster.