Kurzwellentelegraph-Bausatz                

für Schülerinnen und Schüler aus China   

von Klaus Leder
Elektronik-Labor  Lernpakete  Projekte  HF  

Im Bereich der naturwissenschaftlichen Bildung werden „Science Kits“ und „Educational Toys“ aus China für wenig Geld im Internet angeboten. Das „DIY Telegraph Kit“ für 5,21 € soll die Hand- und Augen-Koordination der Kinder schulen und das Interesse an wissenschaftlichen und mechanischen Dingen stärken, so der sonst recht kryptische englische Beschreibungstext.

Es handelt sich um das Modell eines Kurzwellensenders mit Morsetaste und einen Empfänger, die auf kleinen Lochplatten aufgebaut werden. Auf der Unterseite der Senderplatine sind in SMD-Bauweise u. a. ein Transistor TX3E und ein LY-Transistor zu erkennen. Auf der Oberseite sind zwei Tastschalter und eine Minispule mit Ferritkern zur Abstimmung untergebracht. Der Empfänger ist mit einem achtbeinigen IC TXM 8D2316, einem Transistor LY und einer Minispule mit schraubbarem Ferritkern ausgestattet. Als Signalanzeiger dienen eine 3Farben-LED und ein Piezo-Summer. Für Sender und Empfänger sind Batteriehalterungen für jeweils zwei AA-Zellen dabei, die einen sehr praktischen Hebelschalter eingebaut haben. Zwei kurze Antennen aus Stahldraht werden mitgeliefert.

Mit dem Aufbau können Morsesignale bis in ca. 80 Meter Entfernung empfangen werden. Mit einem Kurzwellenradio kann man das Sendesignal in wenigen Metern Abstand bei ca. 8,5 MHz hören.

Auf vier Seiten wird der Aufbau mit farbigen Bildern dargestellt. Mit Klebepads werden die Batteriehalter und die 3 Klemmen auf den Lochplatten befestigt. Die Platinen, die Antennendrähte und der Morsebügel werden mit wenigen Schrauben festgeschraubt. Aufgrund der Kleinheit der Aufbauten erfordert die Montage etwas Geduld und Geschicklichkeit, evtl. muss ein Erwachsener helfen. Didaktische Informationen fehlen, die muss der Physik- oder Techniklehrer beisteuern, damit das Spielzeug zu einem „Science Kit“ wird.

In dem legendären Experimentierkasten „Radiomann“ von W. Fröhlich (Kosmos-Verlag, 1970) wurde die Funktechnik elementar und ganz ohne verborgene Elektronik erklärt:


                                


Mit einer Induktionsspule und einem Taster wurde ein Funkenerzeuger aufgebaut, mit dem es gelang, in 50 cm Entfernung mit Hilfe einer Feilspanbrücke ein Glühlämpchen einzuschalten oder in einem Kopfhörer Knackgeräusche zu erzeugen. In dem ausführlichen Anleitungsheft des Radiomanns wurden die technikgeschichtlichen Meilensteine altersstufengemäß erklärt und konnten von den Jugendlichen im Experiment nachvollzogen werden.

Heute sind auffälligere Effekte gefragt, Sender und ICs arbeiten auch bei Grundversuchen im Hintergrund. Umso wichtiger sind Anleitungen mit didaktischen Erklärungen der beobachteten Phänomene. Aber vielleicht regt das preiswerte „Educational Toy“ aus China zum Fragen an und zeigt, wie wichtig der Physikunterricht für das Verständnis der uns heute überall umgebenden Funktechnik ist.

s. a.

90 Jahre Radio- und Elektronikbaukästen – vom Kristalldetektor zum DSP-Empfänger

Elektromann, ein Kosmos-Lehrspielzeug von 1959


Nachtrag: Schaltungsanalyse (BK)

Ich war von Anfang an neugierig, wie der Bausatz wohl funktioniert. Dank an Klaus Leder, der mir die Platinen zur Analyse geschickt hat. Den entscheidenden Hinweis brachte ein Oszillogramm am Antennenanschluss des Empfängers. Es ist offensichtlich ein Pendelaudion.



Am Antennenanschluss des Senders findet man ein rechteckmoduliertes HF-Signal. Die Frequenz liegt bei ca. 25 MHz. Je nach Taste werden zwei Modulationsfrequenzen verwendet, ca. 300 Hz oder ca. 1 kHz. Auf den ersten Blick hat die Senderplatine ja nur zwei Transistoren. Aber die Oszillogramme sagen, dass da irgendwas Digitales am Werk ist. 





Die beiden Ausgänge am Empfänger sahen auch nicht so aus, als wäre das IC für ein Morsegerät entwickelt. Eher sahen die Signale wie an einem Brückentreiber aus. Deshalb habe ich zur Probe einen kleinen Motor angeschlossen. Und tatsächlich ließ er sich mit den beiden Tasten am Sender für Linkslauf und Rechtslauf einschalten. Damit war klar: Sender und Empfänger wurden ursprünglich für einfache RC-Modelle entwickelt. Mit dem Piezosummer wird daraus ein Morsesender und -empfänger.

Die Bezeichnung des Empfänger-ICs brachte kein Ergebnis. Aber der dreibeinige TX3E konnte in einem chinesischen Datenblatt der Firma SHEN ZHEN FINE MAD ELECTRONICS GROUP CO., LTD. gefunden werden. Darin fand sich auch eine komplette Applikation für eine Fernsteuerung. Die beiden Platinen des Telegraphie-Bausatzes haben sich weitgehend daran gehalten.





Mit meinem SDR-Shield konnte ich das Signal ohne angeschlossene Antenne bei ca. 27,58 MHz entdecken. Meine grobe Messung mit dem Oszilloskop hatte offensichtlich die Frequenz nach unten gezogen.  Mit einem Kurzwellenradio kann man das Signal auch bei 8,5 MHz hören, was sich durch Oberwellenmischung erklärt. Bei einer ZF von ca. 500 kHz schwingt der VFO auf 9 MHz. Eine Oberwelle liegt bei  27 MHz und mischt ein Signal von 27,5 MHz auf die ZF von 500 kHz herunter.



Vermutlich dürften RC-Modelle mit dieser Technik keine Zulassung in Europa bekommen. Wenigstens müsste man noch einen Quarz im Sender spendieren, damit die Frequenz ausreichen stabil ist.



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