Ein Röhrenradio reparieren


 aus ELO 2008
Elektronik-Labor  Labortagebuch  ELO HF

 

Jemand bat mich um die Reparatur seines Röhrenradios, das zwar noch funktionierte, aber im Hintergrund immer ein starkes Brummen hören ließ. Es handelt sich um ein recht kleines Gerät vom Typ Telefunken Jubilate 1651, so eine Art Küchenradio, oft auch als Oma-Radio bezeichnet, weil die Oma in ihrer kleinen Wohnung kein riesiges Phonomöbel gebrauchen konnte.


Rückwand

 

Innen

 

Das Gerät hat schon eine Platine, wie viele von diesen kleinen Oma-Radios aus den 1960er Jahren. Im Innenraum fand ich sogar noch den originalen Schaltplan. Bemerkenswert ist die Einweggleichrichtung mit einer Si-Diode. Das Radio steht damit an der Schwelle zum Silizium-Zeitalter, es ist sozusagen der Archaeopteryx in der Evolutionsgeschichte der Radiotechnik.

 

 

Schaltplan 2

 

Meist liegt das Brummen an einem ausgetrockneten Siebelko. Hier ist es ein Doppeleko mit 65 µF und 50 µF. Eine zweite mögliche Ursache liegt in einem schlechten Koppelkondensator zwischen NF-Vorstufe (EABC80) und Endstufe (EF84). Wenn dadurch eine Gleichspannung an das Gitter 1 der Endstufe gelangt, steigt der Anodenstrom stark an und überlastet das Netzteil. Um diesen Fall auszuschließen, wurde die Spannung am Kathodenwiderstand (68 Ohm) gemessen. Hier fand sich eine Spannung von 3 V. Der Kathodenstrom beträgt also 44 mA, was zu den Angaben im Schaltbild passt.

 

Damit blieb nur noch der Siebelko. Ich wollte ihn aber nicht auslöten, sondern einen neuen Elko einfach parallel schalten. Dazu musste das Chassis aus dem Gehäuse genommen werden. Mit Krokoklemmen wurde der neue Elko mit 47 µF/350 V zuerst probeweise an der Kathode der Si-Diode angeschlossen, aber ganz vorsichtig, weil die hohe Spannung nicht ungefährlich ist.

 

 

Dieser Versuch war erfolgreich, das Radio zeigte kein Brummen mehr. Deshalb wurde der Elko über ein Kabel verbunden und mit Isolierband an dem originalen Elko befestigt. Dann konnte das Chassis wieder eingebaut werden.

 

 

Nun musste nur noch das Schaltbild wieder sorgfältig gefaltet in die dafür eingeklebte Papiertasche gelegt und die Rückwand eingesetzt werden. Fertig! Das Radio funktioniert wieder prima.

 

Vor dreißig bis vierzig Jahren hätte ein Radio- und Fernsehmechaniker diese Reparatur ausgeführt, natürlich nur mit dem Originalersatzteil. Und er hätte auch gleich die sehr spezielle Skalenlampe ersetzt, die ich nicht hatte. Später dann ist die Reparatur von Radios ganz aus der Mode gekommen. Es war einfach nicht mehr wirtschaftlich. Und die Kunden meckerten immer rum: Was, das Ersatzteil kostet 2 DM, und für Fehlersuche und Reparatur soll ich 50 DM bezahlen, da hätte ich mir ja gleich ein neues kaufen können! Stimmt, aber die ganze Reparatur ist tatsächlich so aufwendig. Ich habe jetzt zwei Stunden geschraubt und gelötet. Aber es war die Sache wert! So ein Röhrenradio ist eben etwas Besonderes. Und es klingt einfach wunderbar.