Morse-Paddle mit Wägezellen-Sensor              

von Ralf Beesner, DK5BU                        

Elektronik-Labor  Projekte 


Vorgeschichte

Mir war ein defektes 9A5N- Sensor-Paddle "zugelaufen" (die Einhebel-Version). Da es sehr "tricky" montiert war und exotische "tamper-proof"-Schrauben verwendet wurden, um neugierige Blicke zu erschweren, hatte ich es mit Gewalt geknackt. Drinnen befand sich - wie vermutet - eine Wägezelle (mit 100g-Messbereich). Die Original-Schaltung bestand anscheinend aus einem hoch verstärkenden OPAmp (etwa 70dB) und vermutlich einem PIC-Mikrocontroller (die Gehäuse-Aufdrucke waren abgeschliffen), der die Differenzspannung mit einem ADC auswertete.

Ich hatte zunächst versucht, die sehr kleine Differenzspannung mit einem ATtiny 85 auszuwerten. Der ATtiny85 hat einen schaltbaren internen 20dB-Vorverstärker und kann direkt die Differenz-Spannung zweier Multiplex-Eingänge messen. Es entstand ein Einhebel-Sensor-Keyer mit ausreichender Ansprech-Empfindlichkeit. Eigentlich war ich zu der Zeit noch auf dem "Squeeze-Paddle-Trip", aber bei den Tests des Einhebel-Keyers fiel mir auf, dass ich überraschender Weise damit etwas flotter geben kann als mit einem Squeeze-Paddle.

Parallel dazu hatte ich mir 100g-Wägezellen besorgt (sie stammten von Sparkfun und wurden über den deutschen Händler Barrybase vertrieben). Solche Wägezellen mit 100g Messbereich sind auch von mehreren Anbietern bei Amazon und z.B. bei Robotshop erhältlich.

Da Mikrocontroller nicht jedermanns Sache sind, experimentierte ich nun mit Operationsverstärkern im Komparator-Modus. Das funktionierte recht gut, und hinter denen kann jeder seinen gewohnten "Lieblings-Keyer" verwenden. Verwendet wurden relativ moderne Rail-to-Rail-OPs MCP 602P, die es noch im DIL-Gehäuse gibt.



Schaltungsprinzip

Eine Wägezellen-Brücke besteht aus Dehnungs-Meßstreifen, die auf einem geschlitzten Hebel angebracht sind. Bei Biegen des Hebels und Längen-Änderung der Meßstreifen entsteht eine Differenz-Spannung von einigen hundert µV. Diese geringen Spannungen reichen aber für die direkte Erfassung durch zwei Komparatoren. Die Komparatoren sind so angeschlossen, dass der eine auf positive Differenz-Spannungen anspricht, der andere auf negative. Durch geringfügiges Anheben bzw. Absenken der Vergleichs-Spannungen erreicht man ein kontrolliertes Ansprechen und eine einstellbare Ansprech-Empfindlichkeit (über zwei Trimmer).

Schaltung



Im Schaltbild ist links die Messbrücke angedeutet (Widerstände R8 - R11). An den Klemmen A1 und B1 liegt die Differenz-Spannung an. Die Vergleichs-Eingänge der Komparatoren liegen an den Spannungsteilern R1/R6 bzw. R2/R7. Mit den beiden Trimmern kann man die Empfindlichkeit für Punkte und Striche unabhängig voneinander einstellen.

Wägezellen sind eigentlich nicht für einen Betrieb in beide Richtungen gedacht und weisen leicht unterschiedliche Empfindlichkeiten für die beiden Auslenkungs-Richtungen auf. Auch sind sie unbelastet nicht unbedingt im perfekten elektrischen Gleichgewicht. Bei Verwendung in einer Waage wird das durch das ohnehin erforderliche Tarieren der Waagen-Elektronik ausgeglichen. Bei meiner Paddle-Elektronik musste ich mit dem Widerstand R5 nachhelfen, ohne ihn war der Einstellbereich der Trimmer stark asymmetrisch. Mit R5 muss man also experimentieren und ihn an die verwendete Messbrücke anpassen (eventuell muss er auch gegen Masse statt gegen Plus geschaltet werden).

T1 und T2 liefern die Ausgangs-Signale im üblichen Paddle-Format - Tastung gegen Masse. C2 - C6 sollen die HF des Senders abblocken. Ohne sie gab es schon bei wenigen Watt Sendeleistung Einstrahl-Störungen. Mit ihnen konnte ich an einer EndFed in 4m Abstand auch bei 100W Sendeleistung keine Beeinträchtigungen feststellen.

Elektrischer Aufbau

Der Aufbau erfolgte auf Streifenleiter-Lochraster-Platine. Die Leiterbahnen kann man an den erforderlichen Stellen mit einem 3mm- Bohrer unterbrechen.


"Radarblick" auf die Leiterplatte von oben (Drahtbrücken sind braun, die Leiterbahnen auf der Unterseite blau):

Die Betriebsspannung beträgt 3 V aus zwei Mignonzellen. Der Stromverbrauch beträgt etwa 3 mA, die hauptsächlich von der Wägezelle "geschluckt" werden. Man muss also einen Ein-/Aus-Schalter vorsehen; wenn das Paddle mal versehentlich einige Tage eingeschaltet bleibt, ist das aber auch kein "Beinbruch".

Die filigranen Kabel der Wägezelle sollte man direkt auf die Platine löten und mit Heißkleber fixieren. Ich hatte zunächst Steckverbinder verwendet, aber die geringen Übergangswiderstände in der Masse- und Plus-Steckverbindung sorgten bereits für kleine Spannungs-Sprünge an den Brücken-Ausgängen und Fehl-Auswertungen.

Mechanischer Aufbau; Erfahrungen

Eine gewisse Herausforderung war für mich die Mechanik. Maßhaltiges Arbeiten und Metall-Bearbeitung sind nicht "mein Ding". Ich hatte daher zunächst einen Plastik-Winkel auf der Einspann-Seite der Wägezelle verwendet. Das Paddle stand damit jedoch nicht starr, sondern federte etwas. Von einem herkömmliche Paddle ist man das zwar gewohnt, aber mechanische Paddles arbeiten gegen einen Anschlag (geschlossener Kontakt) und öffnen den Kontakt abrupt, sobald das Paddle zurück federt. Der Wägezellen-Sensor lieferte jedoch beim Zurück-Federn eine schräge Spannnungs-Flanke, die den Komparator etwas zu spät umschaltete.

Auch ein von einem Alu-Profil abgesägter Winkel federt noch etwas. Von Nachteil ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Befestigungs-Löcher meiner Wägezelle übereinander und nicht hintereinander angeordnet sind; dadurch ist die Einspann-Länge kürzer als bei der im 9A5N-Sensor-Paddle verwendeten Wägezelle. Das 9A5N-Paddle ist völlig starr, und man merkt an solchen Details, dass in die 9A5-Paddles viel Erfahrung geflossen ist.

Bei einem Squeeze Paddle dürfte es einiges "Gehirnschmalz" und mechanisches Geschick kosten, zwei Wägezellen so nebeneinander anzuordnen, dass sie starr eingespannt sind und die beiden Paddle-Griffstücke trotz der Befestigungsschrauben nahe genug beieinander sind.

Elektrisches Konzept für ein Squeeze-Paddle

Hier eine Prinzip-Schaltung. Die unabhängige Empfindlichkeits-Einstellung für Punkte und Striche ist einfacher zu realisieren. Es fehlen im Schaltbild die Schalt-Transistoren und die Abblock-Kondensatoren.






Elektronik-Labor  Projekte