Eintransistor-Sinusoszillator                


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Die Schaltung des Orgelbausatzes EB1102 hat mich fasziniert. Deshalb wollte ich wissen, wie weit man das Prinzip vereinfachen kann. Der Oszillator kommt nun mit einem Transistor aus und läuft ab 1,5 V. Mit dabei ist ein Poti zur freien Abstimmung der Frequenz. Eine Vorteil dieser Schaltung gegenüber anderen Sinusgeneratoren ist es, dass er kein Stereo-Poti braucht.



Die eigentliche Entwicklung habe ich mit LTspice gemacht. Denn obwohl ich die Schaltung immer noch nicht ganz verstehe, konnte ich auf diese Weise die Orgelschaltung in kleinen Schritten verändern und anpassen. Es hat sich dabei gezeigt, dass die ursprüngliche Darlington-Schaltung nicht nötig ist und man mit einem Transistor auskommt. Dann konnte ich den Arbeitspunkt verändern, sodass weniger Strom gebraucht wird. Und die Bauteile wurde so verändert, dass die Schaltung mit möglichst kleiner Spannung auskommt und einen möglichst großen Abstimmbereich durch eine Veränderung von R6 erlaubt. Hier konnte ich einen Bereich von 1 k bis 10 k erreichen.



Im realen Aufbau wurde statt eines BC547B ein BC547C verwendet. Alle anderen Bauteile sind genau wie in der Simulation. Die tiefste Frequenz ist etwa 400 Hz. Allerdings funktioniert der Oszillator mit nur 1,5 V erst ab einer etwas höheren Frequenz. Deshalb wurde ein NiMh-Akku mit 2,4 V eingesetzt, der seine Zeit in einem Telefon bereits hinter sich hatte.




Die höchste Frequenz ist etwa 800 Hz. Man erkennt, dass über den ganzen Bereich eine fast gleiche Amplitude erhalten bleibt. Bei tieferen Frequenzen, ist sie nur geringfügig kleiner, und die Verzerrungen sind etwas geringer. Wenn es auf einen reinen Sinus ankommt, kann man die Betriebsspannung so weit reduzieren, dass der Oszillator gerade schwingt.

Dieser Oszillator ist wohl doch nicht mit einem Wien-Oszillator vergleichbar, wie erst vermutet wurde. Die Besonderheit ist hier, dass das RC-Netzwerk in der Rückkopplung eine leichte Spannungserhöhung erreichen muss, damit der Oszillator schwingt. Es fällt mir schwer, die Schaltung genau zu verstehen. Und mir ist nicht bekannt, ob es für dieses Prinzip einen Namen oder eine bekannte Theorie gibt.



Eine Erklärung von Peter Gerber, HB9BNI:
Einerseits ist es ja eigentlich eine Parallelschaltung eines Hochpasses und eines Tiefpasses und bei entsprechender Phasenlage können sich die Spannungen der beiden Zweige addieren; jedenfalls erinnere ich mich, bei einigen Simulationen eine “Dämpfung” von einigen (plus) dB gesehen zu haben.

Dieser Tipp hat mich dazu angeregt, das Netzwerk einmal ohne den Transistor zu simulieren. Am ehemaligen Emitteranschluss wird ein Signal eingespeist. Die Amplitude am ehemaligen Basisanschluss sollte dann etwas größer sein.






Tatsächlich! Das Ausgangssignal (blau) ist etwas größer als das Eingangssignal (grün).



Und dann habe ich noch den Frequenzgang zwischen 100 Hz und 10 kHz simuliert. Das Ausgangssignal (grün) liegt über weite Bereiche über dem Eingangssignal. Bei 750 Hz geht die Phase durch null, etwa dort sollte der Oszillator schwingen.

Um das Prinzip genauer zu verstehen, habe ich die Schaltung umgezeichnet und etwas mit den Bauteilen experimentiert. Das Ziel war es, eine möglichst große Spannungsüberhöhung zu bekommen.



Das Eingangssignal (IN, grün) führt auf ein Tiefpassfilter (TP, blau) und ein Hochpassfilter (HP, rot). Diesen beiden Filter sollten recht niederohmig gehalten werden, und ihre Grenzfrequenzen sollten weit auseinander liegen. die beiden Signale sollen dann mit einem hochohmiger gehaltenen RC-Glied zum Ausgangssignal  (OUT, blaugrau)  zusammengefügt werden.



Der vergrößerte Ausschnitt zeigt deutlich, dass diesmal eine Überhöhung von 15 % erreicht wurde. So langsam dämmert es mir, wie das möglich ist. Das Tiefpassfilter liefert ein verzögertes Signal, das im Scheitelpunkt des Eingangssignals gerade noch aufsteigt. C4 hebt deshalb das Ausgangssignal über die momentane Spannung des Hochpassfilters an, dessen Spannung zwar schon wieder etwas abgesunken ist, aber noch fast am Scheitelpunkt steht.



Diese Dimensionierung habe ich in den Oszillator übernommen. Und tatsächlich, er funktioniert jetzt schon mit einer Betriebsspannung von 1,2 V. R6 darf dann in einem Bereich von 220 Ohm bis 2,2 k verändert werden, was die Frequenz etwa um eine Oktave abstimmt.




Hinweis auf ein Doppel-T-Netzwerk von Eric Sterckx

The circuit uses a twin-T network. It is one of the few RC networks that has a passband gain of (slightly) more than 1, which is why the circuit can oscillate even if the gain block is an emitter follower.
In the schematic of the simulation, the elements of the twin-T are:
1st T:     C1, R3 and R4
2nd T:    C2, C3 and R6

Diese Idee hatte auch schon  Peter Gerber, ist dann aber wieder davon abgekommen. Das twin-T-Netzwerk wird meist als Notch-Filter betrieben. Hier sind Eingang und GND vertauscht, und die Dimensionierung ist ganz anders.

Interpretation der Schaltung von Norbert Renz: Bei den TP und HP neuer Art nach Philbrick sind es z.B. auf den Kopf gestellte HP oder TP. Siehe RC-Filter mit Spannungsverstärkung größer Eins


Versuche zum Philbrick-Oszillator von Jürgen Heisig


Die Filteranordnungen von Herrn Renz (RC-Filter mit Spannungsverstärkung) kann man direkt einsetzen, ich habe das mal in LTSpice für den Tiefpass und den Hochpass 3. Ordnung simuliert. Die Schaltungen schwingen auf Anhieb. Probleme habe ich allerdings bei der "Vorhersage" der Frequenz - da tappe ich noch etwas im Dunkeln. Beim Tiefpass liegt die Frequenz bei ca. -1,5dB der Filterkurve und das Signal ist fast ein Sinus. Beim Hochpass liegt die Frequenz am Ende der Spannungsüberhöhung (in der Filterkurve) und die Signalform hat nichts mit Sinus zu tun - hier weiß ich aber nicht, ob ich den Hochpass richtig dimensioniert habe.


Hinweis zur Phasenverschiebung (B.K.)

Dieses Philbrick-Netzwerk erreicht seine maximale Verstärkung bei ca. 600 Hz. Aber für den Oszillator lautet eine zweite Bedingung, dass die Phase nicht gedreht wird. Der flache Nulldurchgang der Phase liegt aber ca. 2 kHz, wo die Verstärkung viel geringer ist. Der Oszillator würde wohl bei 2 kHz schwingen. Das Tiefpassfilter oben mit nur zwei Gliedern kommt nie ganz an null Grad. Der kleine Koppelkondensator korrigiert das durch eine weitere Phasendrehung.



Die Oszillatorschaltung in der Philips-Orgel löst dieses Problem anders mit drei RC-Gliedern. Damit wird ein Nulldurchgang der Phase nahe beim Maximum der Verstärkung erreicht. Die Schaltung ist sehr gutmütig bei Änderungen der Dimensionierung. So wurde erreicht, dass mit nur einem Poti eine ganze Oktave abgestimmt werden kann.


Antwort Jürgen Heisig:
Danke nochmal für die Hinweise zur Phasenlage. Daraufhin habe ich mir den ersten Oszillator mit dem Tiefpass noch einmal genauer angeschaut. Es hat sich herausgestellt, dass hier nicht nur der Tiefpass wirkt. Der Koppel-C (C4) bildet mit der Eingangsimpedanz des Folgers einen Hochpass,
so dass sich insgesammt eine Bandpass-Charakteristik bildet. Mit dieser Erkenntnis habe ich dann noch einmal eine AC-Analyse gemacht - mit Berücksichtigung der Ausgangsimpedanz des Folgers (die hier jetzt in die Signalquelle wandert) und einem Ersatzwiderstand für die Eingangsimpedanz hinter C4 nach Masse. Und nun passt es. Der Schnittpunkt der Phasenlagen liegt ziemlich genau bei der Frequenz, die sich dann später bei der Transient-Simulation ergibt (um 900 Hz in meinem Beispiel, ich habe C4 auf 4,7n erhöht).


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