Elektronik-Kalender 2008 bis 2016   


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Wie jedes Jahr seit 2008 haben sich auch 2015 wieder Tausende mit den Elektronik-Versuchen des Kalenders beschäftigt. Es gab zahlreiche Rückmeldungen auf der Conrad-Seite, in Blogs und in Emails. Überwiegend kam dabei zum Ausdruck, dass die Versuche interessant waren und viel Spaß gemacht haben. Einige kleinere Probleme wurden von den meisten Nutzern souverän gelöst.

Ich möchte an dieser Stelle einmal berichten, wie die Entwicklung eines solchen Kalenders abläuft. Schon jetzt haben die Planungen für 2016 begonnen, und etwa im März sollte das Handbuch fertig sein. Am Anfang steht immer eine Idee für das zentrale Thema oder das zentrale Bauteil. Ich setze mich dann ganz still mit Papier und Bleistift hin und skizziere einige Schaltungen, besonders die schaltungstechnischen Highlights der Versuche und den letzten Versuch, der am Ende den Weihnachtsbaum schmücken könnte. Dann habe ich schon mal einen Eindruck, ob sich 24 Versuche sinnvoll füllen lassen.

Dann wird vorab abgeklärt, ob alle Bauteile aus aktueller Produktion erhältlich sind und ob alles in den Kostenrahmen passt. Manchmal lauern da Probleme, weil viele Bauteile fast nur noch als SMD gefertigt werden. Deshalb muss das frühzeitig geklärt sein. Wenn die wesentlichen Bauteile festgelegt sind, bekommen ich Muster, damit ich genau mit den Teilen entwickle, die später auch drin sind. Nur die Widerstände und Kondensatoren sind noch nicht genau festgelegt.

Als nächstes zeichne ich die Schaltbilder und fange parallel dazu mit dem Text an. Es gibt mehrere Ziele, die nicht leicht unter einen Hut zu bringen sind: Jeden Tag ein neues Bauteil und ein funktionierendes Experiment, das genau dieses Bauteil einsetzt.  Am Anfang gibt es da nicht viele Möglichkeiten, deshalb geht es immer ähnlich los. LED, Batterieclip, Steckboard, Draht. Wer den Kalender schon seit Jahren kauft, mag das als Zumutung empfinden, aber ich vermute, dass die Mehrheit der Käufer den Kalender erstmalig in Händen hält.

Ich könnte auch anders anfangen, und am Anfang nur Bauteile genau erklären um dann am fünften Tag das erste echte Experiment zu machen. Aber das würde der Zielrichtung widersprechen, die mit Conrad und Franzis vereinbart wurde: Es soll kein Lernpaket werden, sondern einfach nur Spaß machen. Und es soll für Kinder passen wie für Erwachsene, für Einsteiger wie für Fortgeschrittene. Ich verfolge daneben auch noch weitere Ziele, die nicht so offensichtlich sind und mehr so zwischen den Zeilen stehen. Kleine Hinweise sollen vor allem die Einsteiger dazu anregen sich weitere Informationen zu suchen. Und ein paar Versuche sollen so neu sein, dass auch erfahrene Elektroniker interessante Anregungen finden.

Die Zusammenstellung der 24 Versuche ist wie ein großes Puzzle. Alles muss mehrfach umgestellt werden damit es passt. Da kommt zum Beispiel am Tag X ein Versuch, bei dem ich ganz bestimmte Widerstände brauche. Die sind aber noch nicht da, also muss ich weiter vorn was ändern. Dann habe ich drei Tage hintereinander Widerstände hinter den Türchen, gar nicht schön. Also noch mal was verschieben, damit ein anderes Bauteil dazwischen liegt. Und etwas später brauche ich mehrere Kondensatoren, die auch nicht alle in einer Reihe kommen sollten. Also muss weiter vorn noch ein Versuch stehen, wo wenigstens schon mal ein Kondensator gebraucht wird. Und dann vielleicht noch einer, dann gibt es schon mal ein Beispiel für die Parallelschaltung und die Sammlung wächst. Wenn ein ganz besonders Bauteil kommt, sollte es durch mehrere Versuche gewürdigt werden. Und am letzten Tag sollen möglichst viele der ausgepackten Bauteile zum Einsatz kommen. So viele Ziele und Aspekte, die sich teilweise widersprechen, dazu noch so viele unterschiedliche Zielgruppen, da sind Kompromisse unausweichlich. An manchen Stellen weiß ich schon, dass es nicht jedem gefallen wird, dass es aber für andere gerade besonders gut passt.



Parallel zum Zeichnen der Schaltpläne mit Splan baue ich die Versuche erstmalig auf und führe Messungen durch. Ich muss ja sicherstellen, dass die Schaltungen auch mit allen Toleranzen und bei unterschiedlichen Batteriespannungen gut funktionieren. Sogar der Innenwiderstand der Batterie kann die Funktion ändern. Alles sollte mit hochohmigen Zink-Kohle-Batterien und mit niederohmigen Alkalibatterien im Bereich von 6 V bis 10 V funktionieren, dazu in einem weiten Temperaturbereich und mit unterschiedlichen statischen elektrischen Feldern und Wechselfeldern, die teilweise mit in die Versuche einbezogen werden. Bei diesen Messungen entdecke ich manchmal ungewöhnliche Effekte, die dann zu neuen Schaltungen führen. Insgesamt macht diese Phase der Entwicklung am meisten Spaß.

Dann folgen die Aufbauzeichnungen in Corel Draw. Aus den vergangenen Jahren habe ich schon Vorlagen für die meisten Bauteile und muss nur die neuen Komponenten neu entwerfen. Bei den Zeichnungen kommt es mir darauf an, dass man alle Verbindungen klar erkennen kann und dass nichts durch andere Bauteile verdeckt wird. Außerdem sollten die Bauteile die Fläche möglichst gleichmäßig ausfüllen, damit es gut aussieht und leicht zu überblicken ist. Dabei kommen dann mehr Drahtbrücken zum Einsatz als unbedingt nötig, wenn man die Schaltung enger aufbauen würde.



Ich gehe bei der Entwicklung davon aus, dass viele Anwender die Versuche genau nach den Aufbauzeichnungen bauen ohne die Schaltbilder zu beachten. Es gibt aber vielleicht noch mehr Anwender, die nach den Schaltbildern bauen und die Aufbaubilder nur als grobe Anregung verstehen. Beides soll möglich sein. Schön wäre es, wenn einige bei diesen Versuchen erstmalig so ganz nebenbei lernen Schaltpläne zu lesen und zu verstehen.

Es gibt manchmal Diskussionen mit dem Verlag, ob man nicht lieber ganz auf Schaltbilder verzichten sollte, damit alles möglichst einfach wird. Ich bin aber strikt dagegen, denn damit würde man ein tieferes Verständnis von vornherein ausschließen. Der Kalender wäre dann für diejenigen uninteressant, die schon tiefer in der Elektronik stecken. Ich selbst ärgere mich oft genug über Versuchsbeschreibungen nur mit Aufbaubildern, weil ich sie erst umständlich in Schaltbilder übersetzen muss, damit sie verständlich werden.

Umgekehrt höre ich manchmal Kritik an den Aufbaubildern, die man viel kompakter und mit weniger Drahtbrücken bauen könnte, wenn man nur nach den Schaltbildern baut. Auch richtig, und meine ersten Testaufbauten sehen auch genauso aus, sehr kompakt, aber auch unübersichtlicher und nur für den zu durchschauen, der es gerade selbst gebaut hat. Ich muss eben auf ganz unterschiedliche Zielgruppen eingehen und es möglichst so machen, dass alle ihre Freude daran haben.

Die Texte zu den einzelnen Versuchen sollen knapp gehalten werden, damit alles spielerisch daherkommt und möglichst nicht nach Arbeit aussieht. Deshalb gibt es nur kurze Versuchsbeschreibungen, mit denen jeder klar kommen sollte. Meist folgt dann noch ein zweiter Absatz mit einer knappen Schaltungsbeschreibung. Jeder muss selbst entscheiden, ob er das überlesen möchte, ob er darüber nachdenkt oder vielleicht sogar Zusatzinformationen im Netz sucht. Man kann jedenfalls nicht erwarten, dass hier umfassende Erklärungen stehen. Für viele der Versuche wären dicke Bücher nötig, wenn man alles ganz genau verstehen wollte.

Das tiefere Verständnis der Elektronik kommt oft in mehreren Stufen. Zuerst probiert man Schaltungen aus, die man noch nicht komplett versteht. Dann lernt man nebenbei etwas über die Bauteile, erkennt Typen von Kondensatoren und kann irgendwann die Farbringe der Widerstände lesen. Aber selbst ein Elektrotechnik-Ingenieur oder ein Elektronik-Professor sieht in fast jeder Schaltung noch offene Fragen und Aspekte, die man irgendwann einmal genauer erforschen sollte.

Es ist schwer zu sagen, was genau mit den vielen Elektronik-Kalendern passiert. Vielleicht werden einige nach ein paar Tagen einfach vergessen. Aber ich weiß auch, dass viele Anwender ihre Freude damit haben. Und wenn nur einer von tausend Kalendern dazu führt, dass jemand den entscheidenden Impuls bekommt, tiefer in die Elektronik einzusteigen, dann würde ich das als großen Erfolg ansehen.

Ihr Burkhard Kainka



Michael Bernhardt schrieb: Was mich als jahrelangem Mitbastler natürlich brennend interessiert ist das Thema des neuen Kalenders.

Antwort: Dieses Jahr kommt was digitales mit einem IC aus der CMOS-Reihe in den Kalender. Welches genau, soll eine Überraschung bleiben.



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