Der junge Funktechniker
Transistor-Experimentier-Baukasten der DDR

von Klaus Leder

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Der Experimentierkasten „Der junge Funktechniker“ wurde von der Moritz Hädrich KG in Saalfeld/Thüringen erstmalig 1962 hergestellt und für 51,- Mark in der DDR verkauft. Entwickler und Konstrukteur des Baukastens war Peter Grübe unter Mitwirkung von H. Fischer und R. Riebel. Die Stückliste des Kastens weist einen Legierungstransistor LA 30 oder GF 105, eine Germaniumdiode OA 625 sowie Spulensätze für MW und LW auf.


 
Das Inhaltsverzeichnis gliedert sich in die Versuchsreihen „Funkempfang“ und „Hochfrequenzgeneratoren“. Höhepunkte der Versuche sind Reflexaudion und tonmodulierte HF-Generatoren, für die die Festfrequenz 135 KHz vom „Ministerium für Post und Fernmeldewesen“ explizit freigegeben worden war.





Der Kastendeckel wirbt mit einem farbigen Bild aus der Welt des Funks, so wie es damals auch bei den Baukästen von Philips und Kosmos üblich war. Mit seiner Ausstattung und den guten fachlichen Versuchserklärungen war der Baukasten das Pendant zum „Radiomann“ von Kosmos im Westen. „Der junge Funktechniker“ kann als der „Radiomann der DDR“ bezeichnet werden, der jedoch etwas ältere Schülerinnen und Schüler als Zielgruppe ansprach und nicht den motivierenden Schreibstil der Anleitung von Wilhelm Fröhlichs „Radiomann“ hatte.


 
Die Bauelemente sind auf Trägerplättchen aus Acrylglas aufmontiert. Mit zwei Zapfen auf der Unterseite können sie auf einer gerasterten Lochplatte eingesteckt werden. Die Drahtverbindungen werden mit Hilfe von Schraubklemmen hergestellt, wofür ein Seitenschneider und ein Schraubendreher gebraucht werden. Durch die Schraubverbindungstechnik unterscheidet sich der „Junge Funktechniker“ von anderen Experimentierkästen wie z. B. von Kosmos oder Philips, die mit Federklemmen bzw. Klemm- und Haarnadelfedern ausgerüstet waren. 


 
Ähnlich wie bei dem System von Philips ist für jede Schaltung ein mit dem Schaltbild bedruckter Karton als Steckvorlage beigegeben.

Der Versuchsaufbau erfordert etwas manuelles Geschick und Zeitaufwand. Der Acrylkunststoff wird durch Druckbelastung rissig, sodass Befestigungszapfen und Schraubverbindungen abbrechen können. Mit dem Gewindebolzen aus Messing müssen Schrauben oberseits und unterseits der Acrylplättchen eine Lötöse und 1 bis 3 Drähte kontaktfest einspannen. Diese Nachteile wurden bei der Weiterentwicklung zum Transistor-Baukasten „Elektronik 1“ Anfang der 1970er Jahre und zum „Baukastensystem Polytronik ABC“ in den 1980er Jahren durch Verbindungen mit Hohlnieten und aufsteckbaren Gabelklemmen behoben. Die neuartige Klemmtechnik des VEB Polytronic ermöglichte damit einen sehr raschen Versuchsaufbau mit Steckbausteinen.

Mit einem 55 Jahre alten Baukasten „Der junge Funktechniker“ wurde der Versuch 17 „Audionstufe mit Reflexschaltung“ mit der LW-Spule probeweise aufgebaut. Es war überraschend, wie gut der Kopfhörerempfang mit nur einem Germaniumtransistor auf Anhieb gelang. Auch wegen der sehr lehrreichen Anleitung gilt meine Hochachtung dem Entwickler Peter Grübe und den damaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Moritz Hädrich KG in Saalfeld/Thüringen.

Während Kosmos und Philips für ihre Schaltpulte originale Industriebauelemente einsetzten, wurden in den 1970er Jahren von der Firma Busch in Viernheim/Hessen erneut Experimentierkästen mit steckbaren Bauteilträgern entwickelt. Auf den Bausteinen werden anstelle von Schraubverbindungen oder Klemmen Messingösen und Kunststoffstopfen und anstelle von Drähten dünne Litzen eingesetzt.

Heutige Elektronik-Baukästen richten sich an jüngere Schülerinnen und Schüler und sind ebenfalls mit Bausteinen ausgestattet. Bauelemente, Verbindungsschienen und Module werden jedoch von bunten Plastikgehäusen verhüllt und können rasch mit Druckknöpfen zusammengesteckt werden. In den bebilderten Anleitungen fehlen fachliche Erläuterungen zu den Versuchen. Ein Vergleich der Lehrspielzeuge und der Bastelkultur der 1960er und 1970er Jahre mit didaktischen Medien der heutigen Zeit zeigt die rasanten Veränderungen, die Elektronik und Informationstechnologie in der Freizeitwelt der Jugendlichen herbeigeführt haben.
 



s.a.
Der junge Funktechniker
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