(M)eine Stealth-Antenne            

von Ralf Beesner, DK5BU                   
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Ich beschreibe hier nichts bahnbrechendes, aber vielleicht stecken ein paar Tipps für andere “Antennengeschädigte” drin:

Vorgeschichte:

Ich war so leichtsinnig, in eine Eigentumswohnung zu ziehen, weil ich nicht davon ausging, je wieder eine (Sende-)Antenne zu benötigen. Ich hatte jedoch wieder Spaß an Telegrafie gefunden und den zunächst nur per Internet-Telegrafie (ICW) ausgelebt, aber ein wenig Funkbetrieb auch auf KW wurde dadurch wieder reizvoll. Da mich nur noch Telegrafie-Klön-QSOs auf 80m, 60m und 40m interessieren, musste eine möglichst lange Drahtantenne her.

Die Wohnung ist so gelegen, dass ich wenig mit einem Teleskop-Schiebemast ausrichten kann (1.Stock; ein weiteres Geschoss mit Balkon darüber).

Auch auf den Dachboden kommt man schlecht mit einer Speiseleitung; das Haus ist zwar recht alt, wurde aber bereits mit Zentralheizung erbaut (also keine "toten" Schornsteine) und wurde nachträglich isoliert, so dass die Anschlüsse der Fassade an das Dach sehr dicht sind. Sie sind auch von innen schlecht erreichbar, da das Dach nur 30 Grad Neigung hat und es da eng zu geht. Also, unterhalb der Dachrinne vom Dachboden nach draußen zu kommen und hinter einem Regenfallrohr ein Koax-Kabel herunterzuführen ist schwierig. Und das Local QRM durch den "China-Schrott" der Nachbarn wird auf dem Dachboden auch nicht gerade gering sein.

Hinter dem Haus ist das Grundstück nach wenigen Metern zu Ende. Der einzige Platz für eine längere Drahtantenne ist vor dem Haus - auf der Straßenseite und "unter aller Augen": eine etwa 40m lange Rasenfläche mit seitlichen Zuwegungen zwischen der Straße und den Hauseingängen. Und etwas asymmetrisch steht auf der Wiese ein kleiner Baum, der jährlich im Januar bis auf die dicken Äste herunter geschnitten wird, damit er klein bleibt. Die Entfernung von meiner Balkon-Ecke ist knapp 30m; beschnitten ist er etwa 4m hoch, im Herbst hat er jeweils 2-3m lange peitschenartige Zweige mit dichtem Blätterbewuchs gebildet. Die tiefsten Äste befinden sich in etwa 2m Höhe.


Bild: Winter-Bild


Der "Versuchsballon":

In Eigentumswohnungen heißt das große Thema für Funkamateure "bauliche Änderung". Die liegt bereits dann vor, wenn es zu einer optischen Beeinträchtigung des Gebäude-Eindrucks kommt. Eine bauliche Änderung erforderte bisher die Zustimmung ALLER betroffenen Mit-Eigentümer.

Ich hatte daher versucht, unterhalb einer baulichen Änderung zu bleiben und lediglich eine (nach meiner Ansicht) zulässige Mit-Nutzung des Gemeinschaftseigentums Wiese und Baum betrieben:

Eine 20m lange Draht-Antenne (EndFed mit Ringkern-UnUn) aus sehr dünner grauer isolierter Kupferlitze, werkzeugfreies Einhängen des einen Endes an meiner Balkon-Markise in ca. 7m Höhe, das "ferne Ende" ist mit einem kleinen, leichten Sandsäckchen beschwert (es wiegt nur etwa 300g) und wird in 2m Höhe über den untersten Ast des kleinen Bäumchens gehängt. Als Abspannleine dient die gleiche Kupferlitze, weil sie so dünn und unauffällig ist; als Isolatoren dienen dünne Stücke "Maurerschnur" (oder Angelsehne).

Die Antenne hatte ich ein Vierteljahr lang nur montags bis freitags aufgehängt, um den provisorischen Charakter zu betonen. Wider Erwarten gab es keinen "Shitstorm". Ich sende jedoch nur mit 10W in CW, so dass es wohl keine störenden Beeinflussungen anderer Geräte gab, und die optische Beeinträchtigung war offenbar so gering, dass sich keine Mitbewohner drüber aufgeregt haben (auf dem obigen Foto sieht man den Draht wegen des bedeckten Himmels und der Nachbearbeitung des Fotos untypisch deutlich).

Das muss selbstverständlich nicht überall so sein…. mir kam vielleicht der Umstand zu Gute, dass die meisten Wohnungen vermietet sind und der Weg über die Wohnungseigentümer bis zur Eigentümer-Gemeinschaft bzw. zu der von ihr beauftragten Verwaltung recht weit ist.

Einige Details:

Für den ersten Versuch hatte ich schwarze isolierte Kupferlitze 0,5qmm verwendet (H05V-K 1x0,50). Die war noch recht gut sichtbar. Vor allem, wenn man sich selbst bewegte, schien sie vor dem Hintergrund zu "wandern" und fiel daher auf.

Den danach verwendeten grauen Draht mit 0,14qmm gibt es bei Reichelt unter dem Suchwort "LITZE GR". Leider nur in 10m-Ringen; ich musste also zwei Ringe zusammen löten und die Lötstelle mit Schrumpfschlauch wasserdicht machen.

Aber für ein Provisorium war er gut genug (und konkurrenzlos billig; 9 ct/m). Herausforderung war, ca. 30m dünnen Draht alle paar Tage geordnet auf- und abwickeln zu können. Wickelt man Draht herkömmlich auf, erzeugt man mit jeder Windung einen 360-Grad-Drill im noch nicht aufgewickelten Teil des Drahtes und hat dort alsbald ein Knäuel.

Die Lösung, die vielleicht nicht jeder kennt (mir ging es bis vor kurzem auch so): man darf den Draht nicht kreisförmig aufwickeln, sondern in Form einer "8"; dann kehrt sich der Drall nach jeder halben Windung um und neutralisiert sich so.


Bild: Haspel1
Bild: Haspel2

Ich hatte mir daher aus einem alten Ikea-"IVAR"-Seitenteil eine Haspel gebaut. Den Draht lege ich nach dem Abwickeln in der Wohnung als U-Schleife aus, lasse 6m über den Balkon hinab und ziehe die restlichen ca. 25m bei offener Balkontür in Richtung Baum nach. Aufhängen bzw. Abhängen dauern so nur etwa 5 Minuten.

Das ferne Ende ist mit einem kleinen Sandsäckchen von etwa 300g beschwert. Dazu habe ich einige kleine verschließbare Plastikbeutelchen mit Sand befüllt und in einen alten Socken gestopft. Den hänge ich über den untersten Ast den Bäumchens. Da er dort schon mal gerissen war, habe ich eine kleine Rolle von DX-Wire eingefügt; sie ist mit einem kurzen Stück Leine am Ast befestigt und der Abspanndraht läuft über die Rolle, damit er nicht durch scheuert.


Bild: Gewicht

Bei EndFeds benötigt man nur ein kurzes elektrisches Gegengewicht; meist wird empfohlen, etwa 2-5m des Koaxialkabels als Gegengewicht zu nutzen und dort einen Strom-UnUn (Mantelwellensperre) einzufügen, damit das restliche Koaxialkabel und der KW-Transceiver "HF-frei" sind.

Ich habe das anders gelöst: auf dem UnUn sind Primär- und Sekundärwicklung galvanisch getrennt; als Gegengewicht verwende ich etwa 10m schwarze Kupferlitze, die größtenteils dicht am eisernen Balkongeländer entlang geführt sind.

Der UnUn ist auf einen Ferrit-Ringkern Amidon FT-140-43 gewickelt; zunächst hatte er 2 / 14 Windungen (also Impedanz-Transformation 1:49), aber später hatte ich ihn auf 3 / 18 Windungen umgewickelt (Impedanz-Transformation 1:36), weil mich die Bänder oberhalb des 30m-Bandes weniger interessieren. Da die Antenne auf dem 80m-Band eine Viertelwellenlänge lang ist und etwa 50 Ohm Impedanz im Speisepunkt aufweist, hat die Sekundärwicklung einen Abgriff nach 3 Windungen. Ich muss also vor dem 80m-Betrieb einen kleinen Kippschalter umschalten.

Der UnUn ist mit einer Einzelader aus einer "Steuerleitung LIYY" (Reichelt-Suchbegriff) bewickelt, weil der dünne Volldraht vergleichsweise kräftig mit PE-Material (also nicht mit PVC) isoliert ist. Man kann auch Kupfer-Lack-Draht nehmen, aber dann sollte man eine Isolierlage (möglichst aus Teflon-Band) auf den Ringkern aufbringen.


Bild: UnUn

Im QRP-Forum gibt es eine längere Diskussion über die verlustärmste Ankopplung einer EndFed. Dort kommen Ferritkern-UnUns nicht ganz so gut weg, aber um 1 dB Verlust "mache ich mir keinen Kopf": Ein Freund betreibt eine kommerziell gefertigte Antenne von https://www.hyendcompany.nl/ . Er erwähnte mal, dass bei CW-Contest-Betrieb mit 100W die "UnUn-Büchse" nach längerer Zeit warm wird (sie steht bei ihm auf der Fensterbank). 1 dB Dämpfung wären immerhin 20% Verlust, und mehr wird sicherlich nicht zusammen kommen, denn wenn in dem (relativ kleinen) Ringkern mehr als 20W "verbraten" würden, wäre er auch bei intermittierendem Betrieb rasch durch Hitze beschädigt.

Eigene primitive Messungen ergaben, dass bei 10W Sendeleistung die Spannungen hinter einem mit 50 Ohm abgeschlossenen UnUn (mit 2 * 3 Windungen auf Ringkern FT140-43) um etwa 15% niedriger waren. Da das SWR durch Einfügen des UnUns auf 1,3 stieg, waren das nicht mal Wirk-Verluste, sondern eher eine (unerwünschte) Impedanz-Transformation.

(Funk-)technische Eignung der Antenne:

Ich war angenehm überrascht, dass mit einer so niedrig aufgehängten EndFed (ca. 7m über Grund am nahen Ende, ca. 3m am fernen Ende) und nur 10W Sendeleistung dennoch ausgiebige "CW-Klönschnacks" auf dem 40m-Band möglich waren. Wenn der "ausgeguckte" CW-Partner 100W Sendeleistung verwendet und mit 599 oder mehr "herein kommt", ist die Chance gut, dass man von ihm mit 10W akzeptabel gehört wird. Aber die "Partnerwahl" ist dadurch eingeschränkt.

Da die EndFed mit einem "üppigen" elektrischen Gegengewicht betrieben wird, funktioniert sie auch auf 60m recht ordentlich (jedoch nur mit Tuner), auf 80m allerdings eher schlecht - sie hängt wohl zu niedrig.



Eigentums-Wohnung, Antenne, neue Gesetzes-Lage

Vor einigen Monaten erhielten wir mit der Einladung zur jährlichen Eigentümer-Versammlung eine dürre Mitteilung der Wohnungsverwaltung:

Die bisherige hohe Hürde für bauliche Änderungen (Zustimmung ALLER betroffenen Mit-Eigentümer) wurde durch eine Gesetzesänderung Ende 2020 gesenkt: es reicht inzwischen die einfache Mehrheit einer beschlussfähigen Eigentümer-Versammlung.

Habe im Internet nach detaillierten Infos gesucht, und hier ist ein langer Text, der alte und neue Regelung ausführlich gegenüber stellt.

Hier noch der Link zum "Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht" .

Ich hatte schon vor Inbetriebnahme der "Stealth-Antenne" einen Antrag an die Wohnungseigentümer-Gemeinschaft gestellt, in dem ich vorsorglich allerlei "Kröten geschluckt" hatte (aber mehr will und brauche ich auch nicht): lediglich 10W Sendeleistung, dünner grauer Draht und die fachliche Zusicherung, dass der Draht so niedrig hängt, dass ein Blitzschutz nicht erforderlich ist (blitzarme Gegend; die umliegenden Gebäude sind so hoch, dass sie einen "Schutzkegel" bilden); außerdem die Zusicherung, dass ich die Antenne auf eigene Kosten entfernen werde, wenn Instandsetzungsarbeiten am Gebäude oder der jährliche Baumschnitt anstehen.

Es hat "ewig" gedauert bis zur Eigentümer-Versammlung, aber der Antrag wurde vor einigen Wochen mit Mehrheit "abgenickt" - ich darf also den "fliegenden Aufbau" durch eine dauerhaftere Lösung ersetzen und den Abspannpunkt im Baum höher legen, so dass die Antenne besser "aus dem Weg" ist (aber das muss bis zum Winter warten, sobald der Baum wieder kahl ist).

Dass ich darauf verweisen konnte, dass das Ding da schon ein Vierteljahr hängt, ohne dass es Ärger gab, hat sicherlich so manche Besorgnis zerstreut bzw. Skeptikern den Wind aus den Segeln genommen ;)

Die juristische Frage, ob das nun eine bauliche Änderung ist oder nicht, wurde nicht berührt. Ist aus meiner Sicht aber kein Nachteil.

Vielleicht ist das Ganze ein Tipp für "antennengeschädigte Leidensgenossen", es einfach mal (bzw. erneut) zu probieren. Entweder die "Stealth-Variante", die meines Erachtens keine Zustimmung erfordert, oder ein formeller Antrag an die Wohnungseigentümer-Gemeinschaft.

Man sollte jedoch nicht übermütig werden, sondern bescheiden bleiben, denn auch eine einfache Mehrheit muss erst mal überzeugt werden ;)

Grundsätzlich kann die Genehmigung durch einen erneuten Beschluss einer Eigentümer-Versammlung auch wieder entzogen werden. Ohne triftige Gründe wäre ein solcher Beschluss aber wohl willkürlich und rechtswidrig. Ob man es sich antun würde, das gerichtlich durchzusetzen, steht freilich auf einem anderen Blatt…






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