Minerva Volltransistor 570    
 

Elektronik-Labor  Lernpakete  Projekte  HF  




Dieses Transistorradio wurde 1957 bei Minerva in Wien gebaut. Der Besitzer hat es kürzlich komplett gesäubert und neue Batterien besorgt. Das Radio braucht fünf 1,5-V-Zellen aus 3-V-Stabbbatterien. Aber das Gerät gab außer leisen Kratzgeräuschen beim Einlegen der Batterie keinen Ton von sich.



Beim Blick ins Innere werden alte Erinnerungen wach. GFT21 (rot) von TeKaDe, GFT32 (Messinggehäuse), GFT45 in der ZF und GFT44 in der Vorstufe. Das waren die ersten Transistoren, die ich in die Finger bekommen habe. Den GFT32 hatte ich reichlich, weil mein Onkel damit Industriesteuerungen gebaut hat



Im Inneren war alles blitzblank und wie neu. Kein Fehler war direkt sichtbar. Ich hatte aber Hemmungen, die Platine abzuschrauben. Die Fehlersuche begann daher auf der Bestückungsseite.  Im Radiomuseum http://www.radiomuseum.org/r/minerva_volltransistor_570.html fand sich auch der Schaltplan, was die Sache sehr vereinfachte.

Test 1 mit dem Oszilloskop: Überprüfung der Batteriespannung an verschiednenen Messpunkten. Alle Spannungen sind gegenüber Masse (Drehko-Gehäuse) negativ. Am Drehko fiel sofort auf, dass der Oszillator noch perfekt arbeitete und abstimmbar war. Beim Berühren einzelner Punkte im NF-Bereich gab es leise Geräusche. Also war auch die Endstufe grundsätzlich noch in Ordnung.

Test 2 mit einem NF-Tongenerator: Über einen kleinen Kondensator wurde an verschiedenen Punkten ein Signal eingespeist. Ergebnis: Der Genegentaktendstufe arbeitet perfekt, genauso wie die Treiberstufe und die NF-Vorstufe. Alles nach dem Lautstärkeregler funktionierte, alles davor war völlig still. Das deutet darauf hin, dass der Lautstärkeregler defekt ist. Also wurde mit einem Krokokabel eine direkte Verbindung vom AM-Gleichrichter zum Eingang des NF-Verstärkers gelegt. Und tatsächlich kam nun ein leises Rauschen aus dem Lautsprecher.

Test 3 mit HF-Generator und Frequenzzähler: Die Zwischenfrequenz soll 461 kHz sein. Auf dieser Frequenz wurde ein AM-moduliertes Signal lose eingekoppelt.  Und dann etwas tiefer und etwas höher angestimmt. Ergebnis: Die ZF-Filter sind noch optimal eingestellt. Die Kerne sitzen auch sehr fest, sodass ich froh war, nicht daran drehen zu müssen. Nur der Kern des Oszillatorkreises war locker. Und das Rauschen war nur im oberen Mittelwellen-Bereich hörbar.




Also erstmal ein Drähtchen einlöten. Der Lautstärkeregler wird damit überbrückt und dient nur noch als Ein-Ausschalter. Das erscheint mir besser als der Versuch, das Poti auszutauschen, denn dabei würde ich zu stark in die historische Substanz eingreifen. Als Brücke dient ein blaues Drähtchen, das farblich zufällig zum Schrauben-Sicherungslack auf den Drehko passt. Der Draht ist direkt an zwei Elko-Beinchen angelötet, die vor und nach dem Poti sitzen. Falls irgendjemand nach weiteren 60 Jahren beschließen sollte, das Radio komplett zu restaurieren, wird er kein Problem haben, den Draht zu entfernen.

Als zweite Reparaturmaßnahme wurde ein Stückchen Papier in das Gewinde der Oszillatorspule gelegt und die Spule dann neu abgeglichen. Die Skala des Radios ist keine große Hilfe, weil sie nicht in kHz sondern in Metern geeicht ist. Aber der Anfang des Mittelwellenbereichs liegt jetzt bei 530 kHz. Und bei dieser Einstellung ergibt sich auch die optimale Empfindlichkeit im unteren Mittelwellenbereich. Ein erster Sender (Belgien 621 kHz) ist klar zu empfangen, weitere werden am Abend kommen. Die Lautstärke ist im mittleren Bereich, der Lautstärkeregler wird nicht vermisst.




In der Rückwand findet sich ein interessantes Detail, das ich in der Form noch nie gesehen habe. Da gibt ein einen kleine Spule, die scheinbar nutzlos in der Gegend steht. Aber wenn man den Deckel aufsetzt, kommt sie in die Nähe des Ferritstabs Und dabei wird sie zu einer Koppelspule zum Anschluss einer externen Drahtantenne. Ausprobiert, funktioniert perfekt. Dabei kommt allerdings der Eindruck auf, dass die Lautstärke doch zu groß werden kann.



Am Abend hat das Radio dann gezeigt, was es kann. Zahlreiche Sender aus ganz Europa waren klar zu hören. Und der Klang ist dank des großen Lautsprechers sehr voll. Nur einige Sender waren tatsächlich zu laut. Dann konnte ich das Radio aus der Empfangsrichtung drehen, um eine Übersteuerung zu vermeiden.

Viele alte Radios leiden an einem oxidierten Wellenschalter oder an einem kratzenden Poti. Dieses Radio hat jetzt keines von beiden. Da macht die Mittelwelle viel Freude.


Elektronik-Labor  Lernpakete  Projekte  HF