
Ungestörter Mittelwellenempfang
Meist baut man ja eine passende Antenne für einen vorhandenen
Empfänger. Diesmal was es umgekehrt. Ich habe ein Mittewellenradio
speziell für meine Drahtantenne im Garten gebaut. Es ist der ca. 15 m
lange Draht im Baum, den ich sonst für den Amateurfunk verwende. Der
Gedanke war, wenn ich mit dem Radio im Garten direkt unter der Antenne
sitze, kann ich 10 m Abstand zu allen Häusern halten um den
hausgemachten Störungen zu entgehen.
Das Radio habe ich das Gehäuse eines alten Franzis-Retroradios gebaut,
das vor langer Zeit schon als Basis für die Entwicklung des
Kurzwellenempfängers verwendet wurde. Ein Batteriefach für 6 V und der
Lautsprecherverstärker LM386 sowie ein Rückkopplungspoti war schon
vorhanden. Eine große Ferritantenne habe ich neu eingebaut. Direkt an
den Anschlüssen sitzt ein Empfangs-IC TA7642. Auf der Steckplatine sind
noch Bauteile, die zum Kurzwellenradio gehörten, die aber nicht
verbunden sind. Nur die LED mit Vorwiderstand wird noch zur
Stabilisierung von 2 V am Rückkopplungspoti verwendet. Es stellt nun
die Betriebsspannung des TA7642 ein, den man damit an den Punkt
höchster Empfindlichkeit bringen kann.
Auf dem Ferritstab hatte ich eine weitere Wicklung zur optimalen
Anpassung des Empfängers und eine als Antennenkoppelspule gewickelt. So
wollte ich meine Drahtantenne ankoppeln, Als Gegengewicht habe ich
einen kurzen Draht in die Erde gesteckt. Das Ergebnis war aber nicht
optimal. Nur mit dem Ferritstab konnte ich am Abend schon die stärksten
Sender empfangen, zusammen mit der Antenne nur unwesentlich mehr.
Außerdem kamen starte Kurzwellensender durch, weil vermutlich die
Koppelspule teilweise direkt, also unter Umgehung des Schwingkreises
arbeite.
Dann kam mir die Idee: Man müsste es mit einer kapazitiven Kopplung
direkt am heißen Ende des Schwingkreises versuchen, so wie das bei
Autoradios üblich ist. Dazu brauchte ich eine Koppelkondensator. Weil
ich aber im Garten keinen Lötkolben zur Hand hatte, habe ich mir einen
kleinen Kondensator aus zwei Krokokabeln gebaut, die isoliert
umeinander geschlungen waren. Ich schätze sie auf 3 pF. Damit ging dann
plötzlich die Welt auf: Störungsfreier Empfang auf allen MW-Frequenzen.
Von England bis Spanien und Nordafrika war alles völlig klar zu
empfangen. Ich habe schon lange nicht mehr eine so saubere Mittelwelle
gehört. Ein Erdanschluss war nicht mehr nötig, offensichtlich reicht
die Kapazität des ganzen Radios gegen Erde.
Am Ende habe ich dann noch eine traurige Meldung von BBC Ulster gehört.
Die Mittelwellenstation wird abgeschaltet. Aber die Hörer sollen sich
keine Sorgen machen, weil auf UKW und DAB weiter gesendet wird.
Nun habe ich die Schaltung noch einmal umgebaut und alle Koppelspulen
entfernt. Der TA7642 liegt jetzt am heißen Ende des Schwingkreises. Das
ist normalerweise ungünstig, weil das IC einen negativen
Innenwiderstand hat und den Kreis zu Eigenschwingungen anregen kann.
Zusammen mit dem Rückkopplungspoti geht es aber doch, weil ich die
Verstärkung zurücknehmen kann. Der Empfänger wird dann wie ein Audion
bedient.