Internetradio-Erweiterung  für Radio „Burkhard“            


von Günther Zöppel
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Vor etwa 5 Jahren hatte ich hier einen UKW-Empfänger namens „Burkhard“ mit dem Si4735 und einem Senderspeicher vorgestellt, der wenig später wegen seines guten Klanges auch noch einen zusätzlichen NF-Eingang bekam. Bis heute hat dieser seinen Dienst getan, aber ich musste feststellen, dass einige gespeicherte Sender aus dem UKW-Frequenzband verschwunden sind. Vermutlich wird in nicht allzu ferner Zukunft dem UKW-Band das gleiche Schicksal wie momentan den AM-Bereichen widerfahren.



„Burkhard“ historisch mit aufgesteckter UKW-Dipolantenne



Abgenommene Dipolantenne, Antennenstutzen sichtbar

Um dieser Misere abzuhelfen, habe ich dem Radio ein Update mit einem Internetradio gegönnt. Im Internet existieren mehrere Zehntausend Radiostationen, deren gestreamte Daten mein Internetradio über das heimische WLAN empfangen kann. Da ist garantiert für jeden Radiofreak etwas Hörenswertes dabei. Es lag gerade noch ein Raspberry Pi 2 in der Bastelkiste, dieser ist performant genug, um die Anforderungen an eine solche Anwendung zu erfüllen. Leider hatte dieser kein internes WLAN-Modul, sodass ein USB-WLAN-Stick zum Einsatz kam. Das Gerät wird über nur 2 Dreh-Encoder bedient, deren Decodierung der Raspi auch gleich mit übernimmt. Um einen Überblick zu bekommen, welcher Sender gerade aktuell ist, spendierte ich dem Gerät ein Miniatur-Display Olimex 0,96 Zoll, welches 128x64 Pixel darstellen kann und mit nur 4 Leitungen mittels I2C-Bus mit dem Raspi verbunden ist. Die Betriebsspannung von 3,3V dafür liefert der Raspi ebenfalls. So ist der elektronische Aufwand relativ gering ausgefallen, zumal als Stromversorgung der Erweiterung ein fertiges Steckernetzteil verwendet wurde. Da der Raspi 2 intern qualitätsmäßig nur ein etwas dürftiges NF-Signal an seinem integrierten 3,5mm Audio-Ausgang abgibt, habe ich zusätzlich einen USB-DAC verwendet, der dem NF-Frequenzgang und der Nebengeräuschunterdrückung etwas auf die Sprünge hilft. Die Nachverstärkung übernimmt dann der „Burkhard“, der mittels Taster auf „externer Eingang“ geschaltet wird.



Da dessen interne Lautstärkeregelung dabei außer Betrieb ist, musste das Internetradio auch einen Lautstärkeregler erhalten, auf welchen man beim Verwenden eines extra NF-Verstärkers verzichten könnte. Das neue Gerät wurde in bewährter Weise in ein mahagonifarbenes Sperrholzgehäuse eingebaut, welches anstelle der entfernbaren Dipolantenne auf  das ursprüngliche Gehäuse aufgesetzt wird und eine Front-und Rückplattengestaltung mittels Abacom Front Designer erhielt. Das Gerät ist auch in der Lage, mp3- und wav-Dateien von einem USB-Stick abzuspielen, welcher in einen der freien USB-Eingänge des Raspi gesteckt werden kann. Das funktioniert auch von der internen SDCard, nur sollte man die Lesezugriffe auf diese in Grenzen halten, wegen der Lebensdauer.





Detail USB-Extender



Detail USB-DAC



Detail Raspberry Pi 2



Seitenansicht USB 1-4 und LAN-Anschluss des Raspi (das Radio könnte auch über
Kabel mit dem heimischen LAN verbunden und eingerichtet werden). Man sieht den
Anschluss des USB-Steckers vom USB-Extender, der  sich leider aus Gründen der
Anordnung der Raspi-Schnittstellen schwer ins Gehäuse-Innere verlegen ließ.



Notwendige Verkabelung an der Rückseite



Gesamtansicht „Burkhard“ + Ergänzung




Display Originalgröße sichtbar 25mm x 13mm

Das Display ist zwar etwas klein, aber dafür sehr preiswert bei aliexpress zu bekommen und bietet genügend Info, um stets über die aktuelle Situation informiert zu sein. Damit sich  nicht zu viele ansteckbare USB-Hardware außerhalb des Gehäuses befindet, wurde ein 4facher Extender eingebaut, der den WLan-Stick und den USB-DAC beherbergt.

Display:
https://de.aliexpress.com/item/1005001621769767.html?spm=2114.13010708.0.0.3a994c4djUXHjF

USB – DAC :
https://de.aliexpress.com/item/4000594360771.html?spm=2114.13010708.0.0.3a994c4dadVCf2

WLAN-Stick:
Edimax Wireless Nano , EW7811Un (günstig, da das Betriebssystem Raspbian den dafür nötigen Treiber schon an Bord hat)
https://www.amazon.de/EDIMAX-EW-7811UN-Wireless-Adapter-IEEE802-11b/dp/B003MTTJOY

4fach USB Extender:
https://de.aliexpress.com/item/4001296919261.html?spm=2114.13010708.0.0.3a994c4dowLBZs

Drehencoder:
https://de.aliexpress.com/item/10000056483250.html?spm=a2g0o.productlist.0.0.3b5051a6mMZfsw&algo_pvid=68ccdd1e-5835-4218-bf31-ea249bf5a76a&algo_expid=68ccdd1e-5835-4218-bf31-ea249bf5a76a-0&btsid=2100bddd16199647795582759e3c88&ws_ab_test=searchweb0_0,searchweb201602_,searchweb201603_


Alle weitere verbaute Hardware ist Standard und befindet sich in jeder gut sortierten Bastelkiste oder ist beim einschlägigen Versandhandel preiswert zu erhalten.

Die Softwareinstallation gestaltet sich dank der frei im www zugänglichen Information von Bob Rathbone als außerordentlich leicht, da dort alles sehr gut dokumentiert ist.

https://bobrathbone.com/raspberrypi/pi_internet_radio.html

Im Grunde gibt es nur 4 Hauptabschnitte :
1.    Download des aktuellen Raspberry-Betriebssystems auf eine Micro SDCard.
2.    Inbetriebnahme des Raspi (entweder über PuTTy, wenn der Raspi ins WLAN eingebunden ist, oder über extern anschließbaren HDMI-Monitor, USB-Tastatur und Maus – daher wurden die entsprechenden Buchsen des Raspi auch beim Gehäuseentwurf leicht zugänglich geplant.)
3.    Installation des MPD-Mediaplayers, der für die Decodierung der Radiostreams bzw. extern über USB nutzbarer Playlists verwendet wird
4.    Download der Radiosoftware auf die SDCard und hardwarespezifische Anpassungen und Einrichtung des Radios. Die Software ist sehr komfortabel geschrieben und beinhaltet bereits eine Vielzahl von Hardwarekomponenten, die durch Konfigurationsmenüs angewählt und aktiviert werden kann, sodass es möglich ist, viele verschiedene Varianten von Internetradios aufzubauen. Unter anderem ist auch eine Layoutvariante für ein HDMI-Display dabei, welche der gläsernen Skala eines historischen  Rundfunkempfängers nachempfunden ist, wobei ein dargestellter Zeiger mittels Drehencoder auf wahlweise darstellbare Sendernamensfelder bewegt werden kann. Diese Variante werde ich demnächst nutzen, um einen defekten historischen AM-Empfänger etwas „aufzupeppen“. Das Ausschalten der Internetradios sollte immer durch einen etwas längeren Druck auf „Menu“ eingeleitet werden, wodurch das Display „Radio stopped“ anzeigt und danach ein definiertes Herunterfahren des Raspi eingeleitet wird. Das dient der Konsistenz der auf der SDCard gespeicherten Daten. Zur Sicherheit sollte man nach Endinbetriebnahme und Zufriedenheit mit allen geplanten Funktionen ein Backup dieser Card (z.B auf einem PC) installieren, um im Bedarfsfall schnell eine neue SDCard zu erstellen, denn eine SDCard hat nicht das ewige Leben. Das Booten des Internetradios dauert ca. 30 sec, wenn man das Hochfahren des Raspi auf die grafische Oberfläche des BS ausschaltet, die für die Radiofunktion auch nicht nötig ist, denn das Minidisplay zeigt alle relevanten Infos an. Es bringt evtl. noch einen Geschwindigkeitsvorteil, wenn man auf moderene Raspi-Hardware (3 oder 4) zurückgreift, das muss ich noch genauer untersuchen. Ebenso will ich demnächst mal das Booten von einer zuverlässigeren Datenquelle am Raspi anstelle der SDCard untersuchen, evtl. ältere IDE-Festplatten, die schon lange in meiner Bastelkiste schlummern und lt. letzten Tests immer noch problemlos arbeiten, schnittstellenmäßig auf die nötige Anpassung (USB ?) umgesetzt, platzmäßig für den Einbau z.B. in historische Radios kein Problem….


Fazit :
Die Beschäftigung mit dieser Art des rechnergestützten Internetradio-Empfangs hat sich aufgrund der Vielfalt des angebotenen Sendermaterials gelohnt und eröffnet völlig neue Perspektiven beim Selbstbau von Radios. Durch die Integration von Abspielmöglichkeiten von externen Datenträgern (USB) überlege ich mir seit geraumer Zeit, eine komplette HiFi-Anlage aufzubauen, die diese Technik nutzt, das wird vielleicht mein nächstes größeres Projekt. Die Auseinandersetzung mit der Technik des Raspberry Pi hat sich auch im Hinblick auf das Verständnis und den Umgang mit linuxgestützter Software positiv ausgewirkt. Dank an Bob Rathbone, der seine Software völlig uneigennützig ins Netz gestellt hat. Sollten potentielle Internetradio-Nachbauer Probleme bezüglich der hier erwähnten Elektronik haben, springe ich gern im Rahmen meiner Möglichkeiten helfend ein, Email-Nachricht genügt.

Günther Zöppel
Pockau, Mai 2021



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