Digitalvoltmeter mit ATtiny13

von Günter Spanner
ELO 2008 
Elektronik-Labor  Labortagebuch  ELO  

 
Digitalvoltmeter werden zwischenzeitlich überall angeboten: Nicht nur in Elektrofachgeschäften und Versandhäusern sind sie zu finden, sondern jeder Baumarkt bietet sie an. Sogar Lebensmitteldiscounter haben regelmäßig einfache Modelle im Sortiment. Es handelt sich dabei meist um recht brauchbare Geräte die oftmals für weniger als € 10.- zu haben sind. Sie weisen neben einem Spannungsmessbereich auch Messmöglichkeiten für Strom- und Widerstand auf. Wozu also ein Digitalvoltmeter selbst bauen?

 
Neben dem Lerneffekt der bei einem Eigenbauprojekt immer vorhanden ist, gibt es noch weitere Gründe. Ein selbstgebautes Messgerät kann beispielsweise genau an bestimme Bedürfnisse angepasst werden. Erweiterungen z. B. zu einem digitalen Thermometer, Ohmmeter, Amperemeter oder Luxmeter etc. sind problemlos möglich. Will man nicht unbedingt ein Universalgerät sondern z. B. eine Einbauanzeige für ein Netzgerät oder einen Akkulader, so kommt man um den Eigenbau ohnehin nicht herum. Auch anspruchsvollerer Aufgaben wie z. B. den Anschluss eines PCs an das Voltmeter via RS232 Schnittstelle sind im Eigenbau ohne großen Aufwand realisierbar. Hier müssen die einfachen käuflichen Digitalvoltmeter meist passen.

 Nicht zuletzt kann sogar der Preis eine Rolle spielen. So ist es durchaus möglich mit einem Microcontroller wie etwa dem ATtiny13 und einigen wenigen weiteren Bauelementen ein sehr präzises Digitalvoltmeter für deutliche weniger als € 10.- aufzubauen.


Die Schaltung

Da der Tiny13 nur fünf universell nutzbare Pins aufweist, muss man mit dem I/Os sehr ökonomisch umgehen. Der übliche Weg, eine 7-Segmentanzeige direkt über die Pins zu steuern ist mit dem Tiny13 nicht möglich. Unter Verwendung von zwei einfachen universellen Zählerbausteinen kann jedoch eine Digitalanzeige mit nur zwei Pins gesteuert werden. Die folgende Abbildung zeigt das Schaltbild.

 

Schaltbild

 
Die beiden CMOS-Zählerbausteine CD4026 werden kaskadiert und steuern jeweils eine 7-Segment-LED-Anzeige. Damit hat man einen Zähler der von 0 bis 99 zählen kann. Die Steuerung erfolgt sehr einfach über COUNT und RESET. Mit einer simplen Software ist der ATtiny damit in der Lage, über nur 2 Pins eine beliebige 2-stellige Dezimalzahl anzuzeigen. Der Dezimalpunkt wird bei Bedarf einfach fest über 470 Ohm an P5V angeschlossen. Noch ein Hinweis zum Schaltbild: die breiteren grauen Linien stellen sogenannte „Busse" dar. Hierunter versteht man die Zusammenfassung einzelner Verbindungen zu einer logischen Einheit. In der Digitalelektronik lassen sich mit Hilfe dieser Busse wesentlich klarere Schaltbilder erstellen. In unserem Fall hat jeder Bus eine Breite von 7 Leitungen, bezeichnet mit a bis f. Die Bedeutung dürfte damit klar sein: Ausgang a des Zähler-ICs (= Pin 10) muss mit dem entsprechenden Eingangspin a der Anzeige verbunden werden. Dabei ist natürlich jeweils ein 470 Ohm Widerstand einzufügen. Gleiches gilt dann für die Pins b bis f.

 Die analoge Eingangsschaltung besteht aus einem 10:1-Spannungsteiler mit zusätzlichem Poti für den Abgleich. Damit kann das Voltmeter sehr feinfühlig kalibriert werden. Die beiden Dioden nach GND und P5V schützen den Analogeingang des Tiny13 vor Überlastung. Der 10 nF Kondensator stabilisiert den Messwert.

 Benutzt man die interne Spannungsreferenz von 1,1 V so kann man mit dem vorgeschlagenen Spannungsteiler Spannungen von 0,0 bis 9,9 V messen. Die Auflösung beträgt dabei 100 mV. Das ist für die meisten Hobby-Anwendungen ausreichend. Natürlich kann das Prinzip auch auf eine 3-Stellige Anzeige erweitert werden.

 Die folgende Abbildung zeigt ein Aufbaubeispiel. Man darf sich von der Menge der Drahtbrücken nicht verwirren lassen. Am besten verdrahtet man erst den linken Dezimalzähler und prüft ob die 7-Segmentanzeige korrekt funktioniert. Hat man dies geschafft, dann ist das Verdrahten des rechten Zählers auch kein Problem mehr. Schließlich wird noch der Tiny13 angeschlossen und alles überprüft.

 

 
Gesamtaufbau der Schaltung

 

Wenn man die Schaltung in einem kleinen Koffer unterbringt, kann man das Voltmeter auch mobil und flexibel einsetzen.

 

Aufbau in einem Holzköfferchen



Die Spannungsversorgung kann über 4 x 1,2 V Akkus erfolgen (= 4,8V. Anschluss an P5V im Schaltbild). Zur Pufferung sollten noch einige 10 - 100 µF Kondensatoren parallel geschaltet werden, wie ganz unten in Abb. 3 und 4 sichtbar.

Man kann das gesamte Voltmeter sogar recht kompakt aufbauen, allerdings sollte man dann schon etwas Erfahrung beim Umgang mit Breadboards mitbringen. Die nächste Abbildung zeigt wie man das Messgerät labortauglich in einem Alu-Gehäuse unterbringt.

 

Kompakter Aufbau in einem Alu-Profilgehäuse mit Plexiglas-Deckel.

Hier eine Beispielmessung mit einer nicht mehr ganz frischen 9V Batterie

Der wesentliche Unterschied zum vorhergehenden Aufbau ist hier nur, dass die beiden Zähler zusammen mit ESD-Schutzwiderständen und die LED-Anzeige mit den Vorwiderständen auf Träger-Platinen gelötet sind. Der universellen Einsetzbarkeit der Zähler tut dies keinen Abbruch.

 

Software

Die Software des Digitalvoltmeters ist sehr einfach und kommt mit wenigen BASCOM Zeilen aus. Nach der üblichen Initialisierung wird der A/D-Wandler gestartet. Dabei ist zu beachten, dass die interne Referenzspannung verwendet wird. Damit wird das Digitalvoltmeter weitgehend immun gegen Schwankungen der Versorgungsspannung.

Im Hauptteil des Programms wird nun zunächst der aktuelle Wert des A/D-Wandlers ausgelesen. Dann erfolgt eine Umrechnung des gelesenen Bit-Wertes in eine Spannung. Die Umrechnung ergibt sich folgendermaßen:

Bei der maximalen Eingangsspannung von 9.90 V soll am Analogeingang des Tiny eine Spannung von 99 counts / (1023 counts / 1,1 V) *10 = 1.064 V anliegen. D. h. das Poti muss so justiert werden, dass bei einer Spannung von 9,90 V am Messeingang eine Spannung von 1,064 V am Analogeingang des Attiny anliegt. Dann zeigt die Digitalanzeige den korrekten Wert 9.9 an. Auf die Fein-Kalibration wird weiter unten noch eingegangen. Um einen stabilen Anzeigewert zu erhalten, wird der A/D-Wandlerwert 16-fach gemittelt.

Im letzten Programmteil wird der gemittelte Zählerwert über COUNT an die externen Zählerbausteine übertragen. Bei jedem Signalwechsel wird dabei der Zählerstand um Eins erhöht. Dieses Hochzählen erfolgt so rasch, dass es mit dem Auge nicht erkennbar ist. Anschließend folgt ein Warte-Befehl um das Ablesen des Anzeigewertes zu ermöglichen. Schließlich wird der Zähler mittels RESET wieder auf Null zurückgesetzt und das Spiel beginnt von neuem. Bei geeigneter Wahl der Zeitparameter ergibt sich eine sehr ruhige und gut ablesbare Anzeige.

Der Bascom-Source-Code sowie das Hex-File sind im angehängten ZIP-Archiv zu finden: DiMu_Firmware.zip

 

Kalibrierung

Abschließend muss das Voltmeter nur noch kalibriert werden. Dafür bieten sich mehrere Möglichkeiten an:

1) Vergleich mit einem kalibrierten Messgerät: Wenn man kein eigenes besitzt, kann man es sich eventuell irgendwo ausleihen.

2) Erzeugung einer Referenzspannung mit Dioden oder LEDs: Eine einfache Methode ist hier die Verwendung von Leuchtdioden. Über roten LEDs fallen bei einem Nennstrom von ca. 20 mA immer 1,7 V ab. Wenn man nun z. B. drei LEDs mit einem Vorwiderstand von 220 Ohm an 9 V betreibt, so hat man drei recht gute Referenzspannungen von 1,7, 3,4 V und 5,1 V zur Verfügung.

3) Verwendung von Festspannungsreglern: Die bekannten Typen 78(L)05 liefern relativ genaue Spannungen, die für eine einfache Kalibrierung durchaus ausreichen.

4) Spezielle Referenzspannungsquellen: Wenn man öfter Spannungen kalibrieren muss so bietet sich der Einsatz
einer sogenannten Bandgap-Referenz an. Geeignet ist hier z. B. der LM385-2.5 von National Semiconductor.

Der eigentliche Kalibriervorgang ist sehr simpel. Man legt einfach die Referenz-Spannung an den Voltmetereingang und dreht solange am Poti bis die korrekte Voltzahl auf der Sieben-Segmentanzeige erscheint. Verfügt man über ein kalibriertes Voltmeter, so kann man die Einstellung noch bei verschiedenen Spannungen prüfen.

 

Perfekte Kalibrierung ...

 

Ausblick und Anregungen

Das Digitalvoltmeter ist für Hobbyanwendungen schon recht brauchbar, es weist jedoch auch einige Nachteile auf. So könnte es wünschenswert sein, den Messbereich auf über 9,9 V zu erweitern. Daneben ist auch z. B. der Innenwiderstand von etwas mehr als 100 KOhm nicht berauschend.

Aber wie in der Einleitung bereits erwähnt, liegt ja genau in der einfachen Erweiterbarkeit der Hauptvorteil eines Eigenbaugerätes. So könnte man mit einem simplen FET-OP-Spannungsfolger einen Eingangswiderstand im Gigaohmbereich erreichen, die Erweiterung um eine Dezimalstelle wurde ja bereits erwähnt. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

 


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