Innenansichten des Terratec Noxon dRadio 100
von Ralf Beesner
Ich höre kaum noch Radio; für textlastige Sendungen bin
ich zu ungeduldig (selbst zu lesen, geht schneller) und die üblichen
Unterhaltungsmusik-Sender, auf denen die ewig gleichen 100 besten Songs der 80iger
und 90iger genudelt werden, unterbrochen von einem debilen Moderatorenpärchen,
das sich irgendwelche Flachwitze zuwirft und synthetische gute Laune zu
versprühen versucht, sind eine echte Beleidigung für jeden normal
Intelligenten.
Technisch interessiert mich Radio schon noch (z.B. der
Si4735), und so war ich auch auf DAB+ neugierig und hatte mir den Noxon
USB-DAB-Stick gekauft.
Im DAB-Privatsender-Bouquet gibt es jedoch einen
unmoderierten, fast werbefreien Kanal mit einer Musikfarbe, die ich gern höre
(LoungeFM). Die DAB+-Stick-Sofware gibt es derzeit nur für Windows; da es mir
zu lästig wurde, immer den Rechner nach Windows umzubooten, habe ich mir
deshalb ein Noxon 100 gegönnt -in der Hoffnung, dass es noch eine Weile dauert,
bis LoungeFM werbeverseucht (oder wegen finanzieller Erfolglosigkeit
abgeschaltet) wird.
Das Noxon dRadio 100 ist zwar eher als Nachttischradio
(Wecker und Mono-Wiedergabe) konzipiert, bietet aber eine Anschlussmöglichkeit
für Stereo-Kopfhörer und einen separaten Line-Ausgang. Es lässt sich daher
einfach mit einer Stero-Anlage oder der PC-Soundkarte verbinden (der eingebaute
Lautsprecher-Verstärker wird bei Einstecken des Kopfhörers bzw. des Line-Steckers
automatisch stummgeschaltet).
Die Bedienoberfläche ist sehr übersichtlich und
verzichtet auf die Fernost-typischen Spielereien; nicht mal ein Tetris ist
eingebaut ;-)
Für ein Nachttisch-Radio finde ich die Display-Helligkeit
zu hell, selbst im Standby-Modus, wenn es gedimmt ist und nur die Uhrzeit
anzeigt (die Helligkeit wird nicht automatisch geregelt und ist auch nicht
einstellbar).
Wer sich für Bedienungsdetails interessiert, kann vorab
die Bedienungsanleitung unter
ftp://ftp.terratec.net/NOXON/NOXON_dRadio_100/Manuals herunterladen.
Der Empfänger erscheint an der mitgelieferten Stabantenne
nicht sehr empfindlich. Auf UKW bemerkt man den Grund: die Schaltnetzteil-Seuche
ist auch in den Kleinradios angekommen. Das eingebaute Schaltnetzteil stört auf
UKW hörbar und wird folglich auch den DAB-Empfang beeinträchtigen. Bei
schlechten Empfangsverhältnissen ist also eine separate Antenne sinnvoll.
Selbstverständlich musste ich gleich ins Gerät
hineingucken und habe bei der Gelegenheit ein paar Fotos gemacht, damit nicht
jeder am Innenleben interessierte Nutzer seines selber aufschrauben muss ;-)
Das Empfängermodul verbirgt sich unter einer
Abschirmhaube; diese ist aber nur gesteckt und läßt sich entfernen. Leider
findet man darunter keinen Si4703 für den UKW-Empfang ;-)
Hersteller des Moduls ist Quantech Technology; es trägt
die Bezeichung Q7+. Einige dürftige Informationen gibt es unter
http://www.quantek-inc.com/Q7+.html
Auf der Hauptplatine sieht man 3 ziemlich unscheinbare
gleichartige ICs, die vermutlich separate Zweige für Lautsprecher-NF, Kopfhörer-NF
und Line-Out bilden. Hauptplatine und Schaltnetzteil sind auf die Rückwand
geschraubt und nur über ein Flachbandkabel und die Lautsprecherstrippe mit dem
Gehäuse verbunden.
Anzeige, LCD und Tastatur sind nicht sichtbar, sondern
verstecken sich als flaches Sandwich zwischen Frontplatte und Gehäuse.
Der Blick ins Innere offenbart die Schwächen: das
Schaltnetzteil ist völlig unabgeschirmt; kein Wunder, dass es den Empfänger
stört. Ausserdem sieht man, dass die Teleskopantenne, die auf eine F-Buchse
aufgeschraubt wird, nicht gut funktionieren kann. Eine Teleskopantenne benötigt
ein HF-Gegengewicht; normalerweise wird es durch die Masseflächen der Platine
und der Gehäuseabschirmung gebildet. Zur Störstrahlungsreduzierung sind auf das
kurze Koaxialkabelstück zwischen F-Buchse und Empfängermodul jedoch zwei
Ferritröhrchen aufgeschoben, welche die Teleskopantenne HF-mäßig vom
Gegengewicht abkoppeln.
Im Gehäuse gibt es keine Dämmmaterialien, die die
akustische Gehäuseresonanz dämpfen könnten, stattdessen sogar ein
Bassreflexrohr, das die Bässe etwas anheben soll, aber mit seiner zu hohen
Resonanzfrequenz den Klangeindruck verschlechtert. Diese Resonanz erzeugt den
typischen Plastik-Klang; mit einem passenden Weinkorken im Bassreflexrohr kann
man ihn aber deutlich reduzieren ;-)
Die Software (Version 1.38) zeigt hier einen
reproduzierbaren Bug: schließt man an den Line-Ausgang einen externen
Verstärker an, wird ja der interne Lautsprecherverstärker stumm geschaltet. Wechselt
man nun zwischen DAB und UKW, wird der Line-Ausgang nicht auf volle Lautstärke
aufgeregelt, sondern nur bis zur Stellung des Lautstärkereglers (der für
normale Lautsprecherwiedergabe ja höchstens 1/3 aufgedreht ist). Erst wenn man
die Line-Klinkenbuchse aus- und wieder einsteckt, ist das Line-Out-Signal
wieder voll da. Da der Effekt am Kopfhörer-Ausgang nicht auftritt, sollte man
diesen als Line-Ausgang benutzen.
Am Kopfhörer-Ausgang tritt übrigens beim Einschalten des
Radios ein hartes Knacken auf, das nicht nur schlecht für die Ohren ist,
sondern auch den Kophhörer beschädigen kann.
Ein Software-Update scheint nicht vorgesehen; auf der
Platine war kein ISP-oder JTAG-Anschluss oder gar eine serielle Schnittstelle
erkennbar.
Trotz der Schwächen bin ich mit dem Radio recht zufrieden
-LoungeFM ist eine echte Bereicherung für mich. Mal sehen, wann ich auch diesen
Sender "über" habe....