Ungeplante Obsoleszenz

von Rudolf Drabek, aeerde.wordpress.com      

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Mein
Freund versorgt mich mit Schrott um daraus elektronische Bauteile zu gewinnen. Unter anderem auch zwei Autoradios eines namhaften jap. Herstellers von Weltruf aus denen ich die Zwischenfrequenzfilter mit 450 kHz gewann, die ich für ein Hofer Weltradio brauchte, da die Originalbestückung, weil billig, sehr schlechte Selektionswerte hatte. Einen starken KW-Sender konnte man über +- 20 kHz hören. Nach Umbau war sogar der Nachbarkanal noch hörbar. Erst hatte ich nur ein 460 kHz Filter zur Verfügung, sodass im KW-Bereich die Frequenzanzeige 10 kHz falsch war und im MW Bereich mit 9 kHz Kanalraster waren nur wenige Sender richtig zu empfangen. 450 kHz Filter sind in Europa selten zu haben. Nun gut, alle 2 Hofer Weltempfänger sind nun tadellos zu gebrauchen.

Natürlich habe ich nachgeforscht warum diese Radios im Müll landeten. Bei beiden Radios hatten Zahnräder für den Kassetteneinzug einige Zähne verloren.



Das Schneckenrad liegt daneben



So ein Zahnrad kostet höchstens 1 Eurocent und schon hat man mehr als 100 Euro verloren. 1:10000 ist das Verhältnis.

Falsche Materialwahl kommt nicht so selten vor. Ich bin überzeugt, dass dies keine beabsichtigte Obsoleszenz ist. Der Konstrukteur hat so einem billigen Teil zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Bei der Versorgung von CPUs für Computer kenne ich einige Firmen, wo es ähnlich zuging. Geplatzte Elkos sind die Folge und daraus resultierend Ausfall des gesamten Produktes. Aber hier könnte Obsoleszenz mitgespielt haben.

Bei den Autoradios ist die Elektronik übrigens ausgezeichnet produktionsgerecht entwickelt. Teile haben Auffangflächen für das Zinn, wenn die Printplatte die Lötwelle verlässt. Bei SMD Bauteilen, wo das nicht möglich war, sieht man an der ablaufenden Bauteilseite, im Bild unten, zu viel Zinn, was nicht “state of the art” ist. Ebenfalls fällt auf, dass 2 Lötstellen offenbar repariert wurden, da auch auf der linken Seite zu viel Zinn vorhanden ist.




Wir haben das Zinndiebe genannt. Im unteren Bild sind die Zinndiebe deutlicher zu sehen.




Beide Radios waren autoreverse Geräte, wie das Bild der Tonköpfe zeigt, also nicht billig. Übrigens sind die mitintegrierten Bandführungen zu sehen. Dies zeigt u.a. den hohen Stand der Philosophie für die Rationalisierung in der Fertigung.



Nachtrag: Geplante Obsoleszenz,  von Burkhard Kainka

Geplant oder ungeplant, das ist die Frage. Es gibt inzwischen einige Fälle von bewiesener geplanter Obsoleszenz. Beispiel: das 100-jährige Glühlampen-Kartell. Es gab eine heimliche Übereinkunft, dass keine Glühlampe länger als 1000 Stunden halten sollte. Wenn ein Hersteller bessere Lampen baute schickten ihm die anderen ein paar Männer mit Hämmern.

Umgekehrt: Wenn eine Firma zu langlebig baut, wird sie hoch gelobt und kommt dann in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Beispiel: Mein Hameg-Oszilloskop lebt einfach ewig, deshalb brauche ich kein neues. Und deshalb gibt es solche schönen analogen Geräte auch nicht mehr.

Über andere Fälle vermutlich geplanter Kurzlebigkeit bin ich selbst schon gestolpert. Das ging es um Plastik-Zahnräder in Spielzeugen und immer wieder um fest eingebaute Akkus z.B. in Elektrozahnbürsten. Auch Energiesparlampen und LED-Lampen habe ich in Verdacht. Die neue Masche ist, dass man 2000 oder 10000 Betriebsstunden draufschreibt, aber sie halten nicht mal 500 Stunden.  So sind alle zufrieden, der Kunde denkt, die Lampe ist besonders langlebig, der Ausfall ist dann ein bedauerlicher Einzelfall, und eine Statistik gibt es nicht.

Ich stelle mir das nicht so vor, als würden alle unter einer Decke stecken. Manch ein Chef weiß ganz genau, dem Ingenieur Soundso brauche ich gar nicht damit kommen, dann schmeißt er mich gleich raus. In der Zahnradabteilung darf der nicht arbeiten! Vielleicht gibt es andere, die ein offenes Ohr für die Sache haben: Wenn dieses Produkt ewig hält, blockiert das den Fortschritt. Man muss den Kunden einen positiven Anstoß geben, dass er einsieht, dass neue Geräte besser sind.  Am einfachsten geht das mit einem zu schwachen Elko in einem Schaltnetzteil. Da kann man gut ausrechnen, wann der kaputt geht.  Kurz nach der Garantiezeit wäre ideal!
 
Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Geplante_Obsoleszenz


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